Postkarte
An Herrn Frank
Wedekind
in München
Wohnung (Straße und Hausnummer) Franz Josefstr. 42 II |
Grunewald-Berlin, 17/9 1903
Verehrter Herr Wedekind,
Ihnen und Ihren Freunden danke ich herzlich für den
liebenswürdigen Grußnicht überliefert (eine Postkarte oder Bildpostkarte); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 16.9.1903. Wer die Grußkarte mitunterschrieben hat, ist nicht ermittelt., den ich in derselben Tonart erwidere.
Zu meinen Wünschen gehört längst, Sie, dessen Gaben ich so
hoch schätzeMaximilian Harden hatte Anfang des Jahres seine erste größere Würdigung Wedekinds veröffentlicht und zum Auftakt geschrieben, Wedekind sei „der begabteste der jüngeren deutschen Dramatiker“, er sei ein „merkwürdig polyglottes Talent, dem die lustigsten Bänkelsänge und wüstesten Melodramenstimmungen gelingen.“ [Theaternotizen. In: Die Zukunft, Bd. 42, Jg. 12, Nr. 18, 31.1.1903, S. 205-207, hier S. 305], endlich einmal kennen zu lernen. Ich bin recht ungesund und durch
ekelste ArbeitMaximilian Harden, Herausgeber der von ihm allein verantworteten politischen Wochenschrift „Die Zukunft“ in Berlin, dürfte mit seinem Artikel über den Parteitag der deutschen Sozialdemokraten in Dresden beschäftigt gewesen sein; er klagt dort, dass in Dresden „groteske Schimpfreden [...] gegen mich ausgespien wurden“, man habe diskutiert, ob er „ein über alle Maßen abscheuliches Ungethüm sei und ob ein Sozialdemokrat für die ‚Zukunft‘ schreiben dürfe.“ [Trianon. In: Die Zukunft, Bd. 44, Jg. 6, Nr. 51, 19.9.1903, S. 455-461] belastet; sonst käme ich nach München.
Vielleicht aber kommen Sie zunächst wenigstens mal
literarisch? Ich würde Sie mit Freude als MitarbeiterBeiträge Wedekinds sind in Maximilian Hardens Wochenschrift „Die Zukunft“ zunächst nicht erschienen. begrüßen.
Nochmals: besten Dank und Gegengruß
von Ihrem sehr ergebenen
Harden