FRANK WEDEKIND.

Lieber Herr Salten,

die SacheGemeint ist mit großer Wahrscheinlichkeit Wedekinds Mitwirkung am Programm des Jung-Wiener Theaters zum Lieben Augustin, das am 16.11.1901 unter Felix Saltens Leitung im Keller des Theaters an der Wien eröffnet wurde. Das über Monate hinweg aufwendig beworbene Unternehmen – es gilt als erstes literarisches Kabarett Wiens – fiel bei Publikum und Kritik durch und wurde nach nur sieben Vorstellungen geschlossen. Wedekind, der sich mit dem „Vortrag eigener Dichtungen“ zur Gitarre an den ersten Abenden beteiligte, schreibt in einem Brief an Beate Heine vom 10.3.1902 von einem „grandiose[m] Durchfall in Wien“, währenddessen er „Abend für Abend […] im Theater an der Wien verhöhnt“ worden sei [GB 2, S. 87; vgl. auch Jung Wiener Theater zum Lieben Augustin. Direction Felix Salten. K. K. Priv(at)-Theater an der Wien. Programm.https://www.theatermuseum.at/onlinesammlung/detail/81854/]. ist also abgemacht. Herzlichen Dank. Ich habe Ihnen noch nicht geantwortet, da ich immer noch nicht genau weiß, wann ich von Berlin loskommeWedekind wollte die bevorstehende Uraufführung seines Schauspiels „Marquis von Keith“ unter der Regie von Martin Zickel am 11.10.1901 im Berliner Residenztheater abwarten. Die Inszenierung wurde „mit Hohngelächter begraben“ [Kutscher 2, S. 71] und bereits nach der Premiere abgesetzt., vielleicht früher als ich dachte. Eventuel gehe ich auch gar nicht hin. Die nächsten Tage müssen dies entscheiden. Auf Wunsch | des Herrn Director Jarno habe ich es so eingerichtet daß die Wiener PremiereOffenbar plante auch Josef Jarno, der Direktor des Theaters an der Josefstadt in Wien, bereits im Herbst 1901 die Uraufführung von Wedekinds „Marquis von Keith“, die jedoch nicht zustande kam. Jarnos spätere Wiener Inszenierung (Premiere: 30.4.1903), bei der er selbst die Titelrolle übernahm, war mit sieben Vorstellungen und zwei auswärtigen Gastspielen ein moderater Erfolg [vgl. Seehaus 1973, S. 733]. vor der Berliner stattfinden kann.

Mit bestem Gruße
Ihr
Frank Wedekind

München 18.IX.1901.
Franz Josefstraße 42.II.

Sie erhalten Nachricht sobald ich mit Berlin im klaren bin.