Kennung: 3365

München, 1. Juli 1900 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Oschwald, Walther

Inhalt

Lieber Walther,

heute morgen überrascht mich Donald auf der Durchreise nach Dresden, respective Hannover. Er bittet mich, ihm einige Zeilenwahrscheinlich der vorliegende Brief. mitzugeben, die es ihm ermöglichen, sich Dir gegenüber zu auszusprechen respective zu rechtfertigen. Ich thue das sehr gerne, da ich seine Absicht, nach Hannover zu gehen um die Erledigung der AngelegenheitZu der sich in die Länge ziehenden Erbschaftsangelegenheit siehe die vorangehende Korrespondenz Wedekinds mit seinem Schwager Walther Oschwald seit dem 6.1.1900. in Fluß | zu bringen, sehr vernünftig finde. Ich trug mich selbst während der letzten Tage mit dem Gedanken und hätte ihn, wenn ich die Möglichkeit dazu gehabt hätte, längst ausgeführt.

Donald hat mir die Belege für seine Arbeiten während des letzten Jahres vorgelegt und seine Pläne für die Zukunft, speciell für Wien auseinandergesetzt. Der Einnahmen die er in Zürich erzielt hat braucht er sich in Anbetracht der prekären Verhältnisse unter denen er dort lebte | gewiß nicht zu schämen. Daß ihn die seit 6 Monaten als nahe bevorstehende und bis heute nicht erfolgte Auszahlung der Geldsumme aus dem Gleichgewicht gebracht kann ich, der ich darüber den Nutzertrag meiner besten Einnahmen während der letzten zwei Monaten vollständig verloren habe, ihm kaum verdenken.

Mein Rechtsanwalt schreibt mirnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hugo Wolff an Wedekind, 24.6.1900. Die Korrespondenz zwischen Hans Heiliger und Hugo Wolff ist nicht überliefert. diesen Morgen, Heiliger habe vom Amtsgericht die ErbscheineDie vom Nachlassgericht ausgestellten Erbscheine weisen aus, wer Erbe ist und wie groß der Erbteil ist, so dass das Erbe ausgezahlt werden kann. ausgestellt erhalten. Mein Rechtsanwalt hat bei Heiliger umgehend wegen des Termines der TheilungDer Nachlassverwalter Hans Heiliger hatte nach Vorliegen der Erbscheine den Nachlass durch eine Teilungsanordnung unter den Erben aufzuteilen bzw. auszugleichen. In Vorbereitung dieses Termins wurden offenbar Wertpapiere aus dem Nachlass der verstorbenen Tante verkauft [vgl. Frank Wedekind an Donald Wedekind, 19.7.1900]. angefragt. Auf jeden Fall halte ich es | für vortheilhaft wenn jemand in Hannover ist, der die Dinge persönlich betreiben kann, denn mit welchem Eifer sich Heiliger derselben annimmt ersehe ich wieder daraus, daß ich ohne meinen Rechtsanwalt bis heute von dem Fortschritt in der Angelegenheit nichts erfahren hätte.

Ich bitte Dich Donald zu gute halten zu wollen, daß ihm jetzt thatsächlich der Kampf mit dem Leben schwerer wird als z. B. Dir der Du von Anbeginn deinen Weg in regelmäßigem Geleise gemacht hast. Dazu kommt die ererbte Ungeduld und Gereiztheit. Ich meinerseits lasse auch fünf gerade sein, wo ich sehe, daß Einsicht und Vernunft platz gegriffen, und praktische Vortheile in Aussicht stehen.

Mit den herzlichsten Grüßen an Mieze, Mama und Dich
Dein Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 18,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Auf Seite 1 ist von fremder Hand mit Bleistift oben rechts die Zahl „26“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 1.7.1900 ist als Ankerdatum gesetzt – die Mitte des Zeitraums, in dem der undatierte Brief geschrieben wurde: nach dem Brief Frank Wedekinds vom 15.6.1900 und vor seiner Reise nach Hannover am 14.7.1900 [vgl. Frank Wedekind an Donald Wedekind, 19.7.1900]. Als Schreibort darf Frank Wedekinds Wohnort München angenommen werden.

  • Schreibort

    München
    1. Juli 1900 (Sonntag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Dresden
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
Konvolut Burkhardt, Nidderau
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Walther Oschwald, 1.7.1900. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

06.10.2022 12:02