Lieber Walther
herzlichen Dank für Deine freundliche
Benachrichtigungnicht überliefert, erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Oschwald an Wedekind, 2.6.1900.. Inliegende Mittheilungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hans Heiliger an Wedekind, 1.6.1900. erhielt ich gestern von Heiliger. Ich
hatte ihn ohne Andeutung eines Vorwurfes oder einer Mahnung in höflichster
Weise angefragtHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Hans Heiliger, 28.5.1900., welche Gründe respective Thatsachen die Behörde noch daran
hinderten, die Erledigungdie Auszahlung von Wedekinds Erbteil aus dem Nachlass seiner verstorbenen Tante Auguste Bansen. Zu der sich in die Länge ziehenden Erbschaftsangelegenheit siehe die vorangehende Korrespondenz Wedekinds mit seinem Schwager Walther Oschwald seit dem 6.1.1900. vorzunehmen. Die Antwort wie du siehst ist pythischorakelhaft, dunkel..
Wenn ich heute die Gewißheit erhielte, daß aus der ganzen Sache nichts wird,
dann würde ich meine WohnungWedekind war Ende März aus dem Hotel Bamberger Hof in eine Wohnung in der Franz Josephstraße 42, 2. Stock, gezogen [vgl. EWK/PMB Wedekind], die er aber mangels Geld nicht einrichten konnte. so rasch als möglich wieder zu vermiethen suchen.
Dasselbe thäte ich wenn sich die Angelegenheit noch 2 oder 3 Monate
hinausziehen könnte. In beiden Fällen | hätte ich allerdings die halbe Jahresmiethe
eventuell für nichts und wieder nichts zu bezahlen. Wenn ich die Gewißheit
hätte, daß die Geschichte in 4 Wochen erledigt wäre, dann würde ich ein
möbliertes Zimmer miethen in dem ich wenigstens regelmäßig arbeiten und jemand
empfangen könnte. Hätte ich die Gewißheit, daß sie in 14 Tagen erledigt wäre,
dann ginge ich für diese vierzehn Tage aufs Land, nach Tutzing am Starnberger
See oder sonst wohin. Aber die Aussicht, nach diesem entsetzlichen Frühjahr nun
die schönsten Monate des Jahres ohne den aller primitivsten ConfortSchreibversehen, statt: Comfort. in
Unthätigkeit und Ungewißheit hinbringen zu müssen ist die allertrostloseste.
Ich komme mir in meiner Lage vor wie jemand | der von München nach Berlin
reisen möchte und zwar in Geschäften und nun 6 Monate lang auf dem Bahnhof
warten muß, da der Zug, den das Kursbuch ankündigt jede Minute kommen kann.
Du warst so freundlich in Hannover beim Gericht
anzufragenDie Korrespondenz Walther Oschwalds mit dem für die Erbschaftsangelegenheit zuständigen Amtsgericht in Hannover ist nicht überliefert.
. Du kannst das thatsächlich ja auch leichter als ich es thun könnte,
da Deine Ansprüche völlig unangefochten feststehen und jedenfalls nicht
an der Verzögerung schuld sein können. Ich danke dir bestens dafür.
Den „Quärulanten“ aus Deinem vorigen Briefvgl. Walther Oschwald an Wedekind, 30.5.1900. stecke
ich ohne Murren ein und grüße dich herzlich.
Dein
Frank.
3. Juni 1900.