Kennung: 2807

Wien, 7. Juli 1905 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Denk, Berthe Marie

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Geliebtester,

Täglich, stündlich erwarte ich den angekündigten, langen Brief! ‒ ? ‒ Ich kam bis dato noch nicht dazu Dir zu schreiben, weil ich nach meiner entsetzlichen RückfahrtBerthe Marie Denk hat Wedekind vier Tage in München besucht und ist am 1.7.1905 zurück nach Wien gefahren: „Maria packt ihren Koffer. [...] Wir fahren zum Bahnhof [...]. Sie reist ab nach Wien.“ [Tb] (‒ ich wäre | beinahe vergewaltigt worden) ‒ krank in Wien ankam u. 3 Tage liegen musste! ‒

Ich sehne mich ganz unbändig nach Dir, ‒ hoffe dass auch Du mich nocht nicht vergessen! Schreib doch!

Was ist denn mit | meinem rothen KardinalWedekind hat der Geliebten bei ihrem Besuch in München versprochen, für sie ein Gemälde kopieren zu lassen. „Berthe Marie Denk bezieht sich auf Raffaels Bildnis des Tomasso Inghirami in roter Robe“; ein Exemplar „des Bildes befindet sich [...] in der Galleria Pitti in Florenz [...]. Da Berthe Marie Denk mehrmals nach Florenz reiste, könnte sie dort das Bild gesehen haben. Möglicherweise befand sich auch eine Kopie des Originals in einem Münchner Museum.“ [Waldmann 1996, S. 118f.; vgl. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Inghirami_Raphael.jpg] Wedekind hat am Abreisetag seiner Geliebten, am 1.7.1905 (Samstag), einen gemeinsamen Museumsbesuch notiert: „Wir [...] fahren in die neue Pinakotek.“ [Tb] Sie haben also die Gemäldesammlung in der Neuen Pinakothek (Barerstraße 29) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil II, S. 619] vor 16 Uhr besichtigt, geöffnet: „Samstag von 9-4 Uhr, [...] Eintritt frei.“ [Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil III, S. 106] Während sich mindesten drei Gemälde von Kardinälen in roter Robe im Besitz der (damals samstags geschlossenen) Alten Pinakothek (Barerstraße 27) befanden und befinden [vgl. „Peter Paul Rubens, Bildnis des Don Fernando, Kardinal-Infant von Spanien, 1628/29“, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/0vxoZ3D42V; „Lucas Cranach d. Ä., Kardinal Albrecht von Brandenburg vor dem Gekreuzigten, 1520/25“, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/Znxw0D7LXg; „Jean Hey, Karl II. von Bourbon, Kardinalerzbischof von Lyon, um 1482/83“, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/wq4jjAP4Wo], könnte eine Kopie jenes Porträts, das Raffael malte, „den als Dichter und Prediger gleich bewunderten päpstlichen Sekretär und Bibliotheksvorsteher Tommaso Inghirami“ [H. Knackfuß: Raffael. 2. Aufl. Bielefeld und Leipzig 1895, S. 91], in der Neuen Pinakothek zu sehen gewesen sein.? ‒ Ich bin vor lauter HitzeDie „anhaltende, wahrhaft tropische Hitze“ [Die Hitze. In: Arbeiter-Zeitung, Jg. 17, Nr. 184, 6.7.1905, Morgenblatt, S. 6] in Wien war schon nicht mehr so groß: „Die Gewitter, die gestern abends über Wien [...] niedergegangen sind, haben eine wenn auch sehr unbedeutende und kaum merkliche Abschwächung der Hitze gebracht. Heute mittags zeigte das Thermometer am Wetterhäuschen im Stadtpark 28.5 Grad Celsius im Schatten, während man gestern um diese Zeit 30.5 Grad ablesen konnte.“ [Die Hitze. In: Neue Freie Presse, Nr. 14679, 6.7.1905, Abendblatt, S. 3] schon total verblödet!

Demnächst mehr!

Innigsten Kuss
Deine Braut

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12 x 19,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift das Datum „8.7.5.“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 7.7.1905 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum nach Wedekinds auf dem Brief notiertem Empfangsdatum 8.7.1905, einen Tag für den Postweg von Wien nach München gerechnet.

  • Schreibort

    Wien
    7. Juli 1905 (Freitag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Wien
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    8. Juli 1905 (Samstag)

Erstdruck

Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Heft 131/132: Frank Wedekind

Titel des Aufsatzes:
Eine Liebe von Frank. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Berthe Marie Denk
Herausgeber:
Elinor Waldmann
Verlag:
München: edition text + kritik
Jahrgang:
1996
Seitenangabe:
107-108
Briefnummer:
11
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 31
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Berthe Marie Denk an Frank Wedekind, 7.7.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

08.06.2022 17:04