Kennung: 28

Dresden, 14. Dezember 1884 (Sonntag), Postkarte

Autor*in

  • Greyerz, Minna von

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

                                            Dresden Sonntag Abend 14.XII.1884.
L.B.Lieber Baby. Baby: Spitzname für Franklin Wedekind. Ich kann Dir kaum sagen welch große Freude Du mir mit Deinem lieben, langen Brief gemacht hast, den ich letzten Dienstag erhalten habe. Ja Du bist noch der alte, gute, „unverdorbene" B. u es ist gut, daß Du nicht zur Stelle warst, sonst hätte ich Dir vor Vergnügen einen Kuß gegeben. Wie gern, ach wie viel lieber würde ich Dir einen eingehendenSchreibversehen Minna von Greyerz' statt "eingehenderen". Brief schreiben aber Du würdest zu lang drauf warten müssen, da mir die Zeit mangelt; denn als richtiges Kind der Zeit huldige ich auch dem Zeitgeist und bin Zeitlose;. In Deinem Brief sind aber doch verschiedene Passusse, die zeitgemäß besprochen sein wollen u so will ich mich denn zeitig kurz fassen u Dir sagen, daß ich's raus habe wer die EineMit "Laura" in Wedekinds Gedicht-Zitat in seinem Brief vom 7./8.12.1884 an Minna von Greyerz ist Bertha Jahn gemeint. Offensichtlich war Minna von Greyerz nicht über Franklins enge Beziehung zu Bertha Jahn unterrichtet. , Kleine, Reine, Feine sein könnte, eine reizende Rose, fast noch eine Knospe zu nennen, deren griechischer Namen mit H.Helena. Gemeint ist Helene Wedekind (1862-1919), die Tochter von Frank Wedekinds Onkel Erich Christian Vollrath Wedekind (1825-1897). Sie war im August 1884 gemeinsam mit ihrem Vater auf Schloss Lenzburg zu Gast. Minna von Greyerz vermutet fälschlicherweise, mit "Laura" sei Helene, genannt Lenchen, gemeint. beginnt! Bist Du nun zufrieden? Oder willst Du noch meine Meinung hören? „O Laura, Laura glaub' nur nicht, was ZephyrRomantisch-poetischer Beiname Wedekinds im 1883 von ihm mit begründeten Lenzburger Freundschaftsbund "Fidelitas". in Gedichten spricht!" Daß Du mit Sp.s Gemeint ist Adolf Spilker (1863-1954), Chemiker und Unternehmer aus Vilsen. Vor seinem Studium der Chemie 1885 in Berlin war er u.a. als Pharmazeut in der „Löwenapotheke" der Familie Jahn in Lenzburg beschäftigt.in Briefverkehr stehst, freut mich sehr und hauptsächlich für ihn, den Deine muntern Briefe gewiß erheitern. Für Dein Versöhnungstalent mach ich Dir ein Compliment! Versöhnung ist doch nur nach Unfrieden nöthig, Krieg im Frieden führten wir aber nicht, wie kann man mich nur so mißverstehen! Warum hat Sp. sich nicht gleich bei mir selbst befragt? Ich hasse Komödien hinter den Coulissen u schweige daher, Du aber mach, was Du nicht lassen kannst. Grüß mir auch Armin.Franklin Wedekinds älterer Bruder Armin Wedekind.  / Es grüßt Dich tausend Mal Dein St.Sturmwind, der Beiname Minna von Greyerz' im 1883 von ihr mit begründeten Lenzburger Freundschaftsbund "Fidelitas". Schreibt mir doch bald u viel / Was studirst Du eigentlich?Minna von Greyerz in Dresden ist zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht bekannt, welches Studium Franklin in München begann; ein Hinweis darauf, dass im August 1884 im Haus Wedekind auf Schloss Lenzburg noch nicht entschieden war, welches Studium Franklin ergreifen sollte. phil. jus od. sonst ein Muß?



Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 14 cm x 9 cm. Sedez. Querformat. Gelocht.
Schreibraum:
Auf der Adress-Seite der Postkarte ist von der Hand Minna von Greyerz' die Absenderadresse linksseitig quer notiert.: "M. ad. Frau Dr. Kretzschmar Bürgerwiese 22". Die Ziffer ist unterstrichen. Auf der Rückseite steht der Text längsseitig. Am linken Seitenrand ist von der Hand Minna von Greyerz' notiert: "Es grüßt Dich tausend Mal Dein St. Schreibt mir doch bald u viel", und am rechten Seitenrand: "Was studirst Du eigentlich? phil. jus od. sonst ein Muß?"

Datum, Schreibort und Zustellweg

Erstdruck

Pharus I. Frank Wedekind. Texte, Interviews, Studien

Titel des Aufsatzes:
Eine Lenzburger Jugendfreundschaft. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Minna von Greyerz.
Autor:
Elke Austermühl
Herausgeber:
Elke Austermühl, Alfred Kessler, Hartmut Vinçon. Editions- und Forschungsstelle Frank Wedekind
Ort der Herausgabe:
Darmstadt
Verlag:
Verlag der Georg Büchner Buchhandlung
Seitenangabe:
395
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek. Monacensia (München) et Minna von Greyerz

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
089 419472-13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 56
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Familie Rudolf Bertschinger, Lenzburg, und dem Literaturarchiv der Monacensia, München, für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Minna von Greyerz an Frank Wedekind, 14.12.1884. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (08.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Prof. Dr. Hartmut Vincon

Zuletzt aktualisiert

17.01.2024 14:44