Kennung: 2255

Paris, 28. Dezember 1884 - 15. Februar 1885, Postkarte

Autor*in

  • Dürr, Moritz

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

CARTE POSTALE
[Ce] côté est exclusivement réservé à l’adresse


Monsieur
Franklin Wedekind
étudiant à l'academie(frz.) Student der Akademie – Frank Wedekind studierte nicht an der Akademie, sondern seit dem Wintersemester 1884/85 (Vorlesungsbeginn 2.11.1884) an der Universität München. Er war eingeschrieben für Jura und wohnte zusammen mit seinem Bruder Armin Wedekind, der für Medizin inskribiert war, in der Türkenstrasse 30 im I. Stock.
de(frz.) von.
Munich(frz.) München.
Allemagne(frz.) Deutschland; mit dickem Pinselstrich unterstrichen.


[Am rechten Rand eingefügt:]


à l’Université3x unterstrichen.
de
Münchendick unterstrichen.
Allemagne
|


Mein Lieber!

Ich lasse hiemit ein bloßes ballon d’essai(frz.) Versuchsballon. ab, ohne im geringsten zu wissen ob es landen oder in der Luft platzen wird, nur um Dir zu sagen, daß ich Deiner auch im äußersten Winkel der Erde in liebevoller Erinnerung gedenke & Dir meine innigsten Glückwünsche zum bevorstehenden Jahreswechsel zu senden.

Dein Dich nie vergessender
M. Dür


Paris 3, rue Bonaparte

le 28 Dec 84.


[Am Kopf der Seite um 180 Grad gedreht:]


Paris 15. Februar 85


M L. Ich habe Dir seiner Zeit diese Karte zugesandt Sie ist aber an eine falsche Adresse gelangt wie’s scheint & schicke sie jetzt zum Schund noch einmal ab. Es ist nämlich eine Möglichkeit vorhanden daß ich vielleicht nächstens auch nach München kommeMoritz Dürr wurde am 24.11.1885 mit der Matrikelnummer 227 als Student im Fach „Druckgraphik“ an der Akademie der Bildenden Künste in München immatrikuliert [vgl. Akademie der Bildenden Künste München, Matrikelbuch 3, 1884-1920, https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1884-1920/jahr_1885/matrikel-00227, Zugriff am 10.11.2021]. & würde es mich herzlich freuen Dich dort noch zu treffenWedekind beendete am 1.8.1886 seine Studienzeit in München und reiste am 15.8.1886 in die Schweiz zurück, Moritz Dürr wurde am 27.4.1886 in Burgdorf beerdigt [vgl. Ludwig Rudolf Dürr-Häusler an Wedekind, 25.4.1886]. Über die letzten Lebensmonate seines labilen Freundes berichtete Frank Wedekind dem Vater: „Als er letzten Herbst hierher kam, nahm ich ihn in alter Freundschaft auf und führte ihn auch in meinen Bekanntenkreis ein. Aber schon bald nach Neujahr begann er mich, ich weiß nicht warum, zu meiden und wenn ich ihn aufsuchte, ging er mir aus dem Weg. Ich hatte ihn schon drei Wochen lang nicht mehr gesehen, als ich eines Tages von seinen Collegen erfuhr er sei seit acht Tagen verreist und zwar nach Nürenberg, und müsse in den nächsten Tagen wieder zurückkommen. Um die selbe Zeit will ihm aber eine Dame die ihn genau kannte hier in München auf der Straße begegnet sein. Zwei Tage darauf kam einer seiner Pariser Mitschüler mit der Trauerbotschaft zu mir aufs Zimmer, daß er auf den Myten gestiegen und nicht wieder heruntergekommen sei. Wir hofften noch Alle zusammen, es mit einem Irrthum oder einer Mystification seinerseits zu thun zu haben, bis uns endlich ein ausführlicher Brief und die officielle Anzeige außer allen Zweifel setzte.“ [Frank Wedekind an Friedrich Wilhelm Wedekind, 26.4.1886].. Mit herzl. Gruß M Dür.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 9 x 14 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Textfeld auf der Adressseite im Querformat, Textseite im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Postkarte ist mit einer aufgedruckten Briefmarke von 10 Centimes und zwei aufgeklebten Briefmarken von je 5 Centimes frankiert, wovon die eine, am oberen rechten Rand der Adressseite, die aufgedruckte Marke teilweise überdeckt, die andere, am oberen linken Rand, den aufgedruckten Text.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Die zunächst falsch adressierte Postkarte wurde von München nach Paris zurückgesandt und zwei Monate später mit neuer Adresse erneut abgeschickt. Es finden sich folgende Vermerke der Postzustellung: (1) „An der Akad. d. bild. Künste nicht inscr[i]b[iert].“ 2) Mit roter Tinte Tilgung der Adresse „de Munich“ und Rücksendungsvermerk „30/XII Retour“. Vom Pariser Postausgangsstempel, der dreimal unvollständig vorhanden ist, sind Ort („[PA]RIS“ bzw. „PA[RIS]“) und Bezirk („CLÉRY“) rekonstruiert, das Datum – vermutlich 28.12.1884 – ist jeweils geschwärzt. Uhrzeit im Münchner Zwischenstempel (= erster Posteingangsstempel) vom 29.12.1884, er befindet sich auf der Textseite: „vor. 9-10 (= 9 bis 10 Uhr)“. Uhrzeit im Pariser Zwischenstempel (= zweiter Postausgangsstempel) vom 17.2.1885: „I \6/ (= 1. Leerung, [Bedeutung nicht ermittelt, vielleicht: Sektion 6])“. Uhrzeit im Münchner Posteingangsstempel vom 18.2.1885: „Nm. 7-8 (= 19 bis 20 Uhr)“.

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 35
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Moritz Dürr an Frank Wedekind, 28.12.1884 - 15.2.1885. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

07.08.2023 12:08