Kennung: 2201

Paris, 5. Dezember 1892 (Montag), Zettel

Autor*in

  • Rudinoff, Willy

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Herzlichen Gruss von Willy MorgensternWedekind hat den Zettel und das daraufhin erfolgende Wiedersehen mit Willy Rudinoff, der „eigentlich Wilhelm Morgenstern hieß“, sein „Geburtsname“, wobei seit 1898 „Rudinoff“ dann „sein offiziell-amtlicher Nachname“ [Raff 2015, S. 5f.] war, am 5.12.1892 kommentiert, beginnend mit den Sätzen: „Ich habe kaum das Wort Morgenstern gelesen, so bin ich am Eingang. Wie wir uns in die Arme sinken, bin ich dem Weinen nahe. Mein Horizont ringsum so verdüstert, da geht mit einem Schlag eine Welt auf. Morgenstern stammelt [...]: Sie glauben nicht welche Freude! Nein diese Freude! Wir gehen in den weiten, menschenleeren Stall“ [Tb]. alias RudinoKünstlername Willy Rudinoffs, unter dem er auch in Zürich aufgetreten ist – zuerst vermutlich 1887 [vgl. Raff 2015, S. 11], mit Sicherheit aber als Schnellmaler bei der „Wiedereröffnungsvorstellung des Pfauen-Theaters“ am 16.11.1889: „Besonderes Vergnügen verursachten die Leistungen des Moment-Malers Mr. Rudino, der das Portrait eines Herrn aus dem Publikum in wenigen Minuten mit großer Aehnlichkeit malte.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 69, Nr. 323, 19.11.1889, 2. Blatt, S. (2)] Seine Auftritte am 27. und 28.9.1891 (da war Wedekind nachweislich in Zürich) erfolgten ebenfalls unter diesem Namen: „Sonntag und Montag giebt im Pfauentheater Herr W. Rudino, ein Münchener Akademieschüler eine Vorstellung im Konzert-Malen.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 71, Nr. 270, 27.9.1891, S. (2)].

Da ich im 2ten Teil auftrete kann ich leider nicht zu Ihnen auf den Platz kommen

Würden Sie so liebenswürdig sein, in der PauseDie Vorstellung des Cirque d’Hiver (Paris, XI. Arrondissement, Rue Amelot 110 und 112) hat den Pariser Theaterprogrammen zufolge um 20.30 Uhr begonnen. Willy Rudinoff ist auf Wedekind zugekommen, als er ihn erkannte, war aber im Begriff sich umzuziehen, schrieb den Zettel und man traf sich in der Pause, nach dem Zwischenakt und nach der Vorstellung: „Da er eben im Begriff ist, sich anzuziehen, trennen wir uns bis zur Pause. [...] Im Zwischenakt treffen wir uns am Stalleingang und schlendern unter dem Publicum durch den Stall. [...] Nach Schluß der Vorstellung erwarten wir ihn vor dem Ausgang der Artisten.“ [Tb 5.12.1892] Mit dabei war dann Carl Muth, mit dem Wedekind die Verstellung besucht hatte. mich am Stall-Eingang erwarten.

W. Morgenstern

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 1 Seite beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Papier. 10,5 x 14 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Zettel ist auf der unteren Hälfte der mit Bleistift paginierten Seite 14 des mit Tinte geschriebenen Pariser Tagebuchs unter dem 5.12.1892 eingeklebt. Wedekind notierte auf der Seite unmittelbar über dem Zettel, den er abends während der Vorstellung im Cirque d’Hiver entgegengenommen hat, dass ihm „die Garderobière folgenden Zeddel überbringt“ [Tb]; es folgt der eingeklebte Zettel, den er auf der Tagebuchseite rechts gegenüber kommentierte.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Datum und Schreibort des Zettels, der Wedekind am 5.12.1892 während der Vorstellung von der Garderobiere des Cirque d’Hiver überbracht wurde, sind durch das Tagebuch belegt. Willy Rudinoff hatte Wedekind im Publikum erkannt: „Er sieht mich sitzen und sagt sich: Sieht der Herr aber dem Wedekind ähnlich! [...] Er ist es! rennt in die Loge hinauf und schreibt mir den Zeddel.“ [Tb 5.12.1892]

Erstdruck

Die Tagebücher. Ein erotisches Leben

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Gerhard Hay
Verlag:
Frankfurt am Main: Athenäum
Jahrgang:
1986
Seitenangabe:
231
Kommentar:
Der Wortlaut des Zettels ist in dieser Edition ohne Hinweis auf die besondere Materialität in den Tagebuchtext integriert ediert worden.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
L 3502
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Willy Rudinoff an Frank Wedekind, 5.12.1892. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

15.10.2021 13:41