Kennung: 2067

München, 10. Januar 1915 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Steinrück, Albert

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

München, d. 10.I.1915.


Lieber verehrter Frank Wedekind.

Durch Frau Tilli erfahre ich soeben, dass Du wieder zuhauseWedekind, der am 29.12.1914 erstmals am Blinddarm operiert worden war, notierte am 9.1.1915 im Tagebuch seine Entlassung aus der Klinik: „Mit dem Sanitätswagen nach Hause gebracht.“ und dass Du Dich auf dem Wege der Besserung befindest ‒ ich freue mich sehr darüber. ‒

Vor Wochen schon haben wir die ErstaufführungWedekind notierte am 16.1.1915: „Premiere M. v. Keith im Residenztheater“ [Tb]. Sie fand um 19.30 Uhr unter der Regie von Albert Steinrück am Königlichen Residenztheater (Generalintendant: Clemens Freiherr von und zu Franckenstein) in München statt [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 28, 16.1.1915, Generalanzeiger, S. 2] und war sehr erfolgreich: „Viele Male konnten die Darsteller sich für den reichen Beifall bedanken. Dieser Erfolg ist besonders erfreulich, weil er einem lebenden Autor in diesen ernsten Zeiten zugute kommt.“ [Richard Elchinger: Der Marquis von Keith von Frank Wedekind. Erste Aufführung im Residenztheater am 16. Januar. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 31, 18.1.1915, Morgenblatt, S. 2] Das sahen nicht alle so; es kam „auch zu heftigen Protesten“ [KSA 4, S. 536] „gegen die Aufnahme des Stücks in den Hoftheater-Spielplan“ [KSA 4, S. 557]. Deines „Keith“ auf den 16. Januar angesetzt und sind jetzt mitten in den Proben.

Ich lerne auf Mord und Tod. Und glaube auch die Regie ganz in Deinem Sinne zu führen. Ohne überflüssige | Stimmungsmacherei, den Hauptwert auf die Herausarbeitung des Geistigen. Dass das Wort scharf zur Geltung kommt bin ich eifrig besorgt. Auch RythmusSchreibversehen, statt: Rhythmus. u. Tempo hoffe ich erfasst zu haben.

Schade, dass Du nicht dabei sein kannst. Ich glaube Du würdest Freude an unserer Arbeit haben. So wollen wir alle vereint dahin streben, Dir zu Deiner Genesung eine schöne Aufführung zu zeigen. ‒

Es kann doch wohl nicht in Deinem | Interesse liegen, dass die Aufführung verschoben wird, nachdem der Termin schon in den Blättern bekannt gegebenDie Presse hatte Ende des Vorjahrs gemeldet, es sei „für Ende Januar ‚Der Marquis von Keith‘ von Frank Wedekind vorgesehen“ [Vom Hofschauspiel. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 643, 16.12.1914, Vorabendblatt, S. 2]. wurde?

Die BesetzungEs spielten in der „Marquis von Keith“-Inszenierung am 16.1.1915 im Münchner Residenztheater außer, wie im Brief genannt, Ferdinand Alten (Ernst Scholz), Hertha von Hagen (Anna Gräfin Werdenfels), Helene Ritscher (Molly Griesinger), Eugen Gura (Konsul Casimir) und Bettina Seipp (Hermann Casimir) noch Albert Steinrück (Marquis von Keith), Karl Graumann (Saranieff), (?) Branken (Zamrjaki), Viktor Geldern (Sommersberg), Viktor Schwannecke (Raspe), Max Nadler (Ostermeier) [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 28, 16.1.1915, Generalanzeiger, S. 2]. ist so geblieben, wie wir sie seinerzeitWedekind hat am 21.11.1914 notiert, dass der befreundete Hofschauspieler und Regisseur Albert Steinrück ihn in der Münchner Torggelstube über die Aufnahme des „Marquis von Keith“ in das Repertoire des Münchner Hoftheaters informiert hat: „T.St. Steinrück theilt mir mit daß Keith gespielt werden soll“ [Tb]. festlegten: Alten ‒ Scholz ‒ Hagen ‒ Anna ‒ Ritscher ‒ Molly. Gura ‒ Casimir ‒ Seipp ‒ Hermann etc. ‒

Meine Collegen sind alle mit grosser Begeisterung bei der Arbeit u. lassen Dir gute Besserung wünschen. ‒ |

Solltest Du irgendwelche Wünsche haben, so lass es mich bitte durch Frau Tilli wissen. Ich werde mir erlauben morgen anzurufen. ‒

Alle guten Wünsche zur baldigen u. völligen Gesundung.

Mit herzlichsten Grüssen
Dein Albert Steinrück.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 17 x 21,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat das Datum oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift unterstrichen.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    10. Januar 1915 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 163
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Albert Steinrück an Frank Wedekind, 10.1.1915. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

14.08.2021 19:19