Sehr geehrter Herr Schaukal!
Sie haben mich unsagbar beschämt. Danken kann ich Ihnen
nicht, denn das hieße irgend etwas von Ihrem LobWedekind bezieht sich auf einen einige Monate zuvor erschienenen Artikel Richard Schaukals über ihn in der Wiener Zweiwochenschrift „Der Merker. Österreichische Zeitschrift für Musik und Theater“ [vgl. Richard Schaukal: Frank Wedekind. Skizze zu einem Porträt. In: Der Merker, Jg. 2, Heft 17, 1. Juni-Heft 1911, S. 722-729]. wirklich auf mich beziehen. Und
dabei vermeiden Sie noch sorgfältig den Ton des Gönners oder den Anschein
persönlichen Wohlwollens. Erlauben Sie mir nur, Sie von Herzen zu dem
farbenglühenden Porträt zu beglückwünschen, das Sie für die Leser des Merker
geschaffen. Wenn ich wieder nach | WienWedekind brach am 23.2.1912 zu den Proben von „Schloß Wetterstein“ (die geplante Uraufführung fand dann aber nicht in Wien statt) sowie zwei Vortragsabenden nach Wien auf und reiste am 4.3.1912 zurück nach München. Richard Schaukal ist im Tagebuch nicht erwähnt. komme, werde ich mir die Freude machen
Sie aufzusuchen, wenn Sie mir erlauben. Es sind jetzt sieben JahreDa Wedekind Ende 1904 nicht in Wien war und dort auch kein Gastspiel der Elf Scharfrichter stattgefunden hat ‒ auch bei dem Gastspiel der Elf Scharfrichter ein Jahr davor im Wiener Hotel Savoy (Eröffnungsvorstellung am 9.12.1903) war Wedekind „in München krank zurückgeblieben“ [Die Zeit, Jg. 2, Nr. 431, 10.12.1903, Morgenblatt, S. 3] und also nicht dabei‒, haben Wedekind und Richard Schaukal sich Ende 1904 in München gesehen, wo Wedekind bei den Sieben Tantenmördern, dem Nachfolge-Kabarett der Elf Scharfrichter, vom 3. bis 15.12.1904 täglich auftrat (nur unterbrochen am 10.12.1904 durch eine Reise nach Stuttgart)., daß wir uns
nicht gesehen. Damals hoffte ich daß die Scharfrichter Ihre prachtvolle Lyrik künstlerisch
zur Geltung bringen könnten. Leider waren die Scharfrichter schon zu
altersschwach.
Mit verehrungsvollem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.
München
3.12.11.
[Kuvert:]
Herrn
Dr. Richard Schaukal
tit. Redaktion
Wedekind konnte die Redaktionsadresse der Wiener Zeitschrift „Der Merker“ dem Heft entnehmen, in dem er den Aufsatz Richard Schaukals las: „Österreichischer Verlag, Wien IX/3 Schwarzspanierhof. Chef-Redakteur: Richard Specht – für die Redaktion verantwortlich: Otto König.“ [Der Merker, Jg. 2, Heft 17, 1. Juni-Heft 1911, S. 744] Der Brief ist dann, wie von Wedekind auf dem Kuvert erbeten, an die Adresse Dr. Richard Schaukals weitergeleitet worden: Wien I, Spiegelgasse 1 [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger [...] für die k.k. Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien 1911, Band 2, Teil VII, S. 1094].„Der Merker“
Wien IX 3.
Schwarzspanierhof. |
bitte ergebenst um gefällige Zusendung
Wedekind.