Kennung: 1404

München, 25. August 1898 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Jacobowski, Ludwig

Inhalt

Münchner SchauspielhausDas Münchner Schauspielhaus ist am 17.11.1897 eröffnet worden [vgl. Allgemeine Zeitung, Jg. 100, Nr. 313, 12.11.1897, 2. Abendblatt, S. 6], zunächst unter der Direktion von Emil Drach, dessen Nachfolger im Sommer 1898 Georg Stollberg wurde.


Telefonruf 1274.
München, den 25. August 1898
Neuturmstraße 1.


Lieber Herr Doctor,

Sie werden nicht wenig überrascht sein, mich als Dramaturgen Wedekind war am Münchner Schauspielhaus unter der Direktion von Georg Stollberg als Dramaturg, Sekretär und Schauspieler tätig ‒ offiziell eigentlich erst seit dem 2.9.1898, nach dem wohl am 22.8.1898 mit Georg Stollberg geschlossenen Vertrag. Die Münchner Presse meldete erst zur Eröffnung des Hauses am 7.9.1898 unter neuer Leitung, der neue Direktor Georg Stollberg habe „als Dramaturgen den Schriftsteller Frank Wedekind gewonnen.“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 101, Nr. 243, 3.9.1898, S. 6].des Münchner Schauspielhauses zu finden. Die ungeheure Arbeit die ich in den letzten acht Tagen zu bewältigen hatte, ließ mich auch auf Ihre an mich gerichteten freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ludwig Jacobowski an Wedekind, 17.8.1898. Der Brief mit der Anfrage nach einem Beitrag Wedekinds für die „Gesellschaft“ ist unten nochmals erwähnt. Jacobowski gab als Nachfolger von Hans Merian seit dem 1.1.1898 gemeinsam mit Michael Georg Conrad die Zeitschrift „Die Gesellschaft“ heraus (nun eine Halbmonatsschrift). Der in Berlin lebende Schriftsteller und Redakteur Dr. phil. Ludwig Jacobowski war dann entsprechend verzeichnet als „Herausgeber der ‚Gesellschaft‘“ [Adreßbuch für Berlin und seine Vororte 1899, Teil I, S. 617], in deren Heften des Jahrgangs 1898 es heißt: „Verantwortlicher Leiter: Dr. Ludwig Jacobowski in Berlin.“ nicht vorher antworten. Ihren Dijab der Narr fand ich in zwei Exemplaren in der Theaterbibliothek. Wir haben nun noch nicht einmal das Repertoir für die ersten acht Tage festgesetzt. Aber bei dem Mangel an Novitäten und großem Bedürfniß nach Stücken ist es mehr als wahrscheinlich, daß wir Ihr DramaJacobowski hatte sich bei Wedekind offenbar nach einer möglichen Inszenierung seiner Komödie „Dijab, der Narr“ am Münchner Schauspielhaus erkundigt. bald genug vornehmen.

Was die Beantwortung Ihres Briefes an mich betrifft so habe ich thatsächlich gar nichts auf Lager und komme jetzt auch nicht dazu etwas neues zu schreiben. Das einzige was ich Ihnen anbieten kann ist ein EinacterWedekinds für einen möglichen Vorabdruck in der „Gesellschaft“ vorgesehener Einakter „Der Kammersänger“ hatte im (verschollenen) Manuskript zunächst den Titel „Das Gastspiel“ [vgl. KSA 4, S. 331f.]. Das Gastspiel, 60 Seiten lang, tragisch, interessandSchreibversehen, statt: interessant. und nicht anstößig oder gefährlich. Dieser Einacter läßt sich in drei Scenen zu je cca 20 Seiten zerlegen. Ich habe nun gar keine AnnungSchreibversehen, statt: Ahnung. ob das in den RamenSchreibversehen, statt: Rahmen. der Gesellschaft paßt | immerhin hat Merian ja seinerzeit auch den Bartel Turaßer zuerst in der Gesellschaft gebrachtPhilipp Langmanns Arbeiterdrama „Bartel Turaser“ war im Vorabdruck in der Zeitschrift „Die Gesellschaft“ (da noch eine Monatsschrift) erschienen [vgl. Philipp Langmann: Bartel Turaser. Drama in drei Akten. In: Die Gesellschaft, Jg. 12, Heft 11, November 1896, S. 1421-1444; Heft 12, Dezember 1896, S. 1581-1610], die seinerzeit von Hans Merian nicht nur herausgegeben und redigiert, sondern auch verlegt wurde (in den Heften annonciert ist „Hans Merian, Verlag der ‚Gesellschaft‘, in Leipzig“).. Vielleicht schreiben Sie mir darüber. Grüßen Sie bitte was wir an gemeinsamen Bekannten haben, vor allem Scharf, wenn Sie noch sein ProtectorJacobowski hat 1898 in der von ihm redigierten „Gesellschaft“ in der Rubrik „Deutsche Lyrik“ über drei Hefte verstreut drei Gedichte von Ludwig Scharf veröffentlicht („Großstadt-Eremit“ [Heft 1, S. 27f.], „Monsieur Tod“ [Heft 4, S. 272f.], „Nie-Wiederkunft“ [Heft 13, S. 39]). sind. Herr Director StollbergGeorg Stollberg war am Münchner Schauspielhaus zunächst als Oberregisseur und Schauspieler tätig [vgl. Neuer Theater-Almanach 1898, S. 468], dann übernahm er (weiterhin Oberregisseur und Schauspieler) von Emil Drach die Direktion [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 443]. Die Eröffnungsvorstellung unter seiner Leitung fand am 7.9.1898 statt [vgl. Allgemeine Zeitung, Jg. 101, Nr. 244, 4.9.1898, S. 4]. läßt sich Ihnen bestens empfehlen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 22 x 28 cm. Mit gedrucktem Briefkopf.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Unter dem Signet im Briefkopf ist eine Zeichenfolge geschwärzt. Auf Seite 1 ist mit Bleistift ein Eingangskürzel mit Datum „26/8“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Erstdruck

Auftakt zur Literatur des 20. Jahrhunderts. Briefe aus dem Nachlaß von Ludwig Jacobowski. Band 1. Die Briefe

Herausgeber:
Fred B. Stern
Verlag:
Heidelberg: Verlag Lambert Schneider
Jahrgang:
1974
Seitenangabe:
232
Briefnummer:
263
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain

Rheinstraße 55-57
D-65185 Wiesbaden
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Ludwig Jacobowski
Signatur des Dokuments:
Hs. 396/23
Standort:
Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain (Wiesbaden)

Danksagung

Wir danken der Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain (Wiesbaden) für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Ludwig Jacobowski, 25.8.1898. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

05.08.2020 21:26