Sehr verehrter Herr Doctor!
Empfangen Sie verbindlichsten Dank für Ihre
liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Alfred Kerr an Wedekind, 3.4.1914. ‒ Gegenstand des Schreibens dürfte die von Joachim Friedenthal als Ehrengabe zu Wedekinds 50. Geburtstag herausgegebene Sammlung „Das Wedekindbuch“ gewesen sein. Alfred Kerr war Beiträger [vgl. Friedenthal 1914, S. 189-191].. Herr D. Friedenthal ist seit einigen Tagen verreistnicht ermittelt; Wedekind sah Joachim Friedenthal dem Tagebuch zufolge nach seiner Rückkehr aus Berlin nach München am 1.4.1914, dann wieder am 7.4.1914 (danach am 14.4.1914, 25.4.1914 und 3.5.1914)., sonst
gäbe ich Ihnen hätten Sie früher Bescheid gegeben erhalten. Ich werde ihn
also Herrn Dr. Friedenthal bitten, Ihnen das SchriftstückEs dürfte sich um ein Exposé oder jedenfalls um ein maßgebliches Papier zum geplanten „Wedekindbuch“ gehandelt haben. noch
einmal zuzusenden. Ich hoffe darf aber wohl hoffen verehrter Herr Doctor, daß ich dadurch
bei Ihnen nicht in den obschon ich dadurch in den Verdacht der Reklamegeschäftigkeit geraten muß. Ich hatte
Herrn Dr. Friedenthal hatte
ich gebeten
die Streitrage zu unterlassen mit der einfachen Begründung daß dadurch keine nirgends Sympatien geweckt
werden. Darauf entgegnete er mir, daß das auch gar nicht der Gedanke der Sache
sei, worauf ich natürlich dann
schweigen mußte nichts mehr einwenden konnte. Da indessen auch mein
Verleger dabei beteiligtDas „Wedekindbuch“ erschien im Georg Müller Verlag. ist fällt die Verantwortung doch wieder zum Theil auf mich.
In Berlin erhielt ich einen Brief von Ihnennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Alfred Kerr an Wedekind, 14.3.1914. ‒ Wedekind erhielt den Brief Alfred Kerrs vermutlich während seines Kurzaufenthalts in Berlin zu seinem Vortrag auf Einladung der Kleistiftung am 15.3.1914 im Hotel Esplanade (Anreise: 14.3.1914, Abreise: 16.3.1914). in
dem Sie sich mit vollem Recht gegen den Ausdruck verwehren „Jemand den Sie hassen“Zitat aus der von Wedekind am 12.3.1914 in München geschriebenen Bildpostkarte an Alfred Kerr, die Thomas Mann mitunterschrieben hat. verwehrten. Ich bitte Sie also
den Ausdruck | zu entschuldigen. Er war sicherlich nicht bös gemeint. Es war
eine Anmaßung von Vertraulichkeit, die zu der Außergebührlichkeit anderen
Vertraulichkeit
hinüberleiten sollte, daß Thomas Mann Ihnen den Gruß sandte. Es wäre mir wirklich sehr schmerzlich wenn
Thomas Mann aus dieser durch mich herbeigeführten Äußerung Nachtheil erwachsen
sollte. ZSchreibansatz, im nächsten Absatz neu angesetzt und ausgeführt: Zum.
Zum Schluß danke ich Ihnen noch herzlich für die
schönen VerseAlfred Kerrs Gedicht „Simson. Der Schauspieler Wedekind“ vom 28.3.1914 [vgl. KSA 7/II, S. 1360] ist im Erstdruck nicht ermittelt. Teil I lautet: „Aufs neue ging das Spiel vonstatten / Des Helden, den die Dirne trog. / Delila war des Dichters Gattin / Er selber war der König Og. / Erfüllt von lebensdurstigem Geiste / Griff der Poet zum Wandstab / (Wie Hebbel mit Christinen reiste, / So oft er seine Judith gab.) / Wie war er? Von beklommen-kalter / Grundstimmung ohne vollen Trieb; / Kein letzter szenischer Gestalter; / Er war ‚der Dichter, der das schrieb‘.“ Teil II lautet: „Und sie? In der Philister Rotte / Tat sie gewiß das Ihrige, / Jedoch als biblische Kokotte / Kunstreicher war die Durieux. / (Frau Wedekind ist weich und gütig; / Voll Anmut – jeder schaut die gern; / Nur: was entmenscht und nattermütig, / Liegt ihrem Wesen ziemlich fern.)“ Teil III hat diesen Wortlaut: „Der König Og stand bei der Dirne; / Tonlos das Wort ... Doch zuckend blieb / Ein nächtiger Glanz auf seiner Stirne. / Er war der Dichter, der das schrieb.“ [KSA 7/II, S. 1359f.] die Sie meinem Durchfall als Og von BasanFrank und Tilly Wedekind waren in Berlin (Anreise: 8.2.1914, Rückreise: 10.2.1914), um dort am 9.2.1914 in „Simson“ die Rollen des Og von Basan und der Delila zu spielen, dann in einem weiteren „Simson“-Gastspiel am 26. und 30.3.1914 (Anreise: 22.3.1914, Abreise: 31.3.1914). widmeten. Ich reiste damals
früher abWedekind notierte am 31.3.1914 nach seinem „Simson“-Gastspiel: „Abendessen auf dem Bahnhof. Abfahrt von Berlin“ [Tb]., als Sie Ihrem Brief nach frei waren, sonst hätte ich sicher noch
einmal angerufen.
Mit schönstem Gruß
Ihr ergebener
Fra.