Postkarte – Carte postale
Correspondenzkarte – Levelezö-Lap
Weltpostverein – Union postale universelle
[...]
Nur für die Adresse
Herrn Frank Wedekind
Schriftsteller
Berlin
Schiffbauerdamm 6/III
Für briefliche
Mitteilungen
Lieber Frank,
geliebtes Scheusal – Du schweigst – das ist nicht lieb! Trotzdem denk ich Dein und grüße Dich!
RichardHans Richard Weinhöppel und die anderen Unterzeichner der Karte gehörten – mit Ausnahme des Schriftstellers Karl Kraus – zum Ensemble des Künstlerkabaretts Nachtlicht, das am 5.1.1906 im Etablissement Brady in Wien (I, Ballgasse 6) eröffnet worden war. Die künstlerische Leitung lag bei Marc Henry, die musikalische übernahm (unter seinem Pseudonym Hannes Ruch) Weinhöppel, der jedoch nur anfangs und im Frühjahr 1906 in Gastspielen persönlich an den Aufführungen mitwirkte. Das Nachtlicht sollte an die Erfolge der Elf Scharfrichter in München anknüpfen, zu dessen Stammbesetzung neben Marc Henry und seiner Lebensgefährtin, der Diseuse Marya Delvard, auch Wedekind und Weinhöppel gehört hatten. Die Bildpostkarte wurde – wie Weinhöppels Nachschrift auf der Bildseite nahelegt – im Casino de Paris in Wien (I, Am Petersplatz) geschrieben, einem bekannten Nachtlokal und Treffpunkt verschiedener Wiener Künstlerkreise..
______________
Je t’embrasse, mon vieux(frz.) Ich umarme dich, mein Alter.
MDelvard
______________
moi, Je t’emmerde(frz.) Ich scheiß dich an., M. Henry
______________
Prost!
Erich Mühsam
______________
Heinz Lebrun.
______________
Egon Friedell
______________
Allerherzlichst Kraus
CHollitzer |
Wien
K. K. Hofburg
Casino de Paris!Das Casino de Paris in Paris (Rue de Clichy 16), eine der ältesten und berühmtesten Konzerthallen der Stadt, gehörte zu den Etablissements, die Hans Richard Weinhöppel und Wedekind während ihres gemeinsamen Aufenthalts in der französischen Hauptstadt regelmäßig aufgesucht hatten [vgl. Tb 13.6.1892]. Weinhöppel bezieht sich hier zugleich auf das gleichnamige Wiener Nachtlokal, wo die Bildpostkarte geschrieben worden sein dürfte (siehe oben). Es weckt wehmütige Erinnerungen. Wien & Paris – Was liegt
dazwischen! R.