OJB
MÜNCHEN 38
WOTANSTR. 44
TELEFON-NUMMER 10164.
PasingOtto Julius Bierbaum, der die alte Münchner Adresse im gedruckten Briefkopf eigenhändig durchgestrichen hat, wohnte inzwischen in Pasing (Hermannstraße 13) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil I, S. 43], eine Stadt, die 1938 nach München eingemeindet wurde. 27.9.5.
Lieber Herr Wedekind,
Ich gratuliere Ihnen herzlich zu dem anscheinend großen Erfolge
von Hidalla in BerlinDie Berliner „Hidalla“-Premiere fand am 26.9.1905 im Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) statt, wie schon in München und Nürnberg wieder mit Wedekind in der Hauptrolle, wie er notierte: „Hidalla Premiere in Berlin. Spiele zum 29. Mal Hetmann.“ [Tb] und möchte es gerne als günstiges Omen für meine beiden StilpekomödienOtto Julius Bierbaum veröffentlichte im Georg Müller Verlag in München das Buch „Zwei Stilpe-Komödien. Das Cenacle der Maulesel und Die Schlangendame“ (1905), zwei Einakter, welche den „so charakteristischen Stilpe im Mittelpunkte der Handlung haben“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 213, 13.9.1905, S. 8019], wie angekündigt war, im Rückgriff auf jene Schelmenfigur Willibald Stilpe, die durch seine Romane „Die Schlangendame“ (1896) und „Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive“ (1897) populär geworden war.
nehmen, daß ich sie Ihnen gerade an diesem Zeitpunkte über|senden kannBeilage war Otto Julius Bierbaums druckfrischer Band „Zwei Stilpe-Komödien. Das Cenacle der Maulesel und Die Schlangendame“ (1905).. –
Stollberg wünschte starke StricheGeorg Stollberg, Direktor des Münchner Schauspielhauses [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 485], inszenierte die beiden Komödien – „am 1.10.1905 am Stadttheater Elberfeld uraufgeführt“ [Stankovich 1971, S. 166] – am Münchner Schauspielhaus, wo sie unter seiner Regie am 7.10.1905 Premiere hatten: „Stilpe. Zwei Komödien von Otto Julius Bierbaum. 1. Das Cenacle der Maulesel in einem Akt. [...] Hierauf: 2. Die Schlangendame in einem Akt.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 469, 7.10.1905, General-Anzeiger, S. 3] Wedekind hat dann drei Monate später in Berlin – Otto Julius Bierbaum war angereist – nicht nur die dortige „Premiere der Stilpekomödien“ [Tb] besucht, wie er am 25.12.1905 notierte, sondern zuvor am 23.12.1905 auch die „Generalprobe der Stilpe Komödien“ [Tb]., – ich habe mich nur zu kleinen Strichelchen
entschließen können. Entweder: diese von Natur geschwätzige PersönlichkeitBesprechungen der Uraufführung von Otto Julius Bierbaums Komödien (siehe oben) registrierten für die Hauptfigur, „der junge Stilpe [...] macht nun seiner jahrelang geknechteten Natur durch einen ungemein kräftigen Redefluß Luft“ [Münchner Schauspielhaus. In: Münchener Ratsch-Kathl, Jg. 17, Nr. 81, 11.10.1905, S. (3)], er sei „ein Dauerredner schlimmster Sorte; seine Paradoxe betäuben [...]. Er [...] spricht immer noch ganze Feuilletons“ [Bierbaums Stilpe. Erstaufführung im Münchner Schauspielhause. (7. Oktober 1905.) In: Allgemeine Zeitung, Jg. 108, Nr. 464, 10.10.1905, Vorabendblatt, S. 1] und konstatierten für sein Vorbild Stilpe (siehe oben), dass dieses „in einem großartigen Mundwerk bestand.“ [Hanns von Gumppenberg: Zwei Komödien von Otto Julius Bierbaum. Das Cenacle der Maulesel. In einem Akt. – Hierauf: Die Schlangendame. In einem Akt. – (Uraufführung im Münchner Schauspielhause.) In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 472, 10.10.1905, Vorabendblatt, S. 1]
interessiert das Publikum durch ihre Art Geist, – dann ist es schade, zu
streichen, oder sie mißfällt an sich, – dann nützt kein Strich.
– Ich wüßte gerne Ihre Meinung darüber bald, wage aber nicht darauf zu setzen,
da Sie in BerlinWedekind lebte seit dem 8.9.1905 in Berlin [vgl. Tb]. wol Besseres zu thun haben.
Ihr
Otto Julius Bierbaum