Auf der Öd, Post
Beuerberg, Oberbayern
17.3.93.
Lieber Herr
Wedekind!
Zugleich mit
diesem Briefe erlaube ich mir, Ihnen meine „Studentenbeichten“Beilage war ein Exemplar von Otto Julius Bierbaums Prosasammlung „Studenten-Beichten“ (1893), die soeben im Verlag Dr. E. Albert & Co in München erschienen ist [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 63, 17.3.1893, S. 1685]. zu schicken, mit
dem Wunsche, daß sie Ihnen gut bekommen und daß Sie ihnen ein gütiger Empfänger
sein mögen. Viel lieber hätte ich Ihnen die Erlebten Gedichte überreicht, aber
ich habe das einzige Exemplar, das ich noch zu besitzen glaubte, nicht finden
können.
Ihren letzten
Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.3.1893. habe ich mit großer Freude gelesen. Erstlich war es mir herzlich lieb,
endlich einmal ein Lebenszeichen von Ihnen zu bekommen, denn ich dachte
wahrlich schon Acherontischesdie Unterwelt betreffend, nach dem Fluss der Unterwelt Acheron (griech.) ‚Schmerz‘ aus der griechischen Mythologie., da Sie auf keine Briefe mehr geantwortet hatten;
dann freute ich mich außerordentlich über die Nachricht, daß Frl. von Némethy |
meinen Rat befolgen und Ihr Fr. E. übersetzenEmmy de Némethy hatte mit einer französische Übersetzung von „Frühlings Erwachen“ wahrscheinlich begonnen [vgl. Frank Wedekind an Armin Wedekind, 8.11.1892], die vermutlich aber nicht abgeschlossen wurde. will; und schließlich jubilierte
meine Musenalmanachredaktionsseele, daß Sie mir etwas für den M. M. A. 94Otto Julius Bierbaum hatte Wedekind um einen Beitrag für den zweiten Band des „Modernen Musen-Almanach“ gebeten [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 10.2.1893], angekündigt unter dem Titel „Moderner Musenalmanach auf das Jahr 1894“ [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 223, 25.9.1893, S. 5620], unter dem Titel „Moderner Musen-Almanach. Ein Jahrbuch deutscher Kunst“ (1893) sowie mit dem Hinweis „Zweiter Jahrgang“ zugleich unter dem Titel „Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst“ (1893) im Verlag Dr. E. Albert & Co in München dann erschienen.
senden wollen. Dafür ganz besonderen Dank! Aber ich bitte und beschwöre Sie:
nicht vergessen, nicht vergessen! Und: so bald als möglich! Vielleicht haben
Sie auch noch geeignetes aus Ihrer Lyrik? Ist Ihnen Frl. v. Némethys jetzige
AdresseEmmy de Némethy (im Pariser Adressbuch nicht verzeichnet) wohnte in der Rue de Ponthieu 54 [vgl. Emmy de Némethy an Wedekind, 6.7.1894]. bekannt?
Ich habe große
Lust, im Herbst nach Paris zu gehen. Vorderhand fehlt es nur an den Geldern.
Ein infam wichtiges Nur allerdings. Aber ich muß einmal sehen, wie sich Paris
neben London ausnimmt. In meiner Einbildung lebt es viel schöner, heller,
heiterer, – menschlicher als dies.
Mit den herzlichsten
Grüßen Ihr
Otto Julius
Bierbaum.
Auch meine Frau,
die Ihr Fr. E. liebt wie kaum ein anderes Buch, grüßt Sie schönstens.
[Kuvert:]
Herrn Frank Wedekind,
4, rue Crébillon,
Hôtel Crébillon,
Paris.
Bierbaum,
Öd-Beuerberg
Bayern.