Otto Erich HartlebenWedekind schrieb den Brief auf dem Briefpapier von Otto Erich Hartleben in Berlin (Karlstraße 32) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 435], dessen Tagebuch (keine Eintragungen vom 7. bis 13.12.1896) Begegnungen mit Wedekind für den 6.12.1896 sowie für den 16. und 17.12.1896 dokumentiert [vgl. Tb Hartleben]; am 14.12.1896 hat Otto Erich Hartleben lediglich notiert: „Aufsichtsrathssitzung der Genossenschaft.“ [Tb Hartleben] Er war Vorsitzender im Aufsichtsrat der Deutschen Schriftsteller-Genossenschaft [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1897, Teil I, Sp. 13], auf deren Briefpapier Wedekind den vorangehenden Brief geschrieben hat [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 11.12.1896].
Berlin N.W., Karlstraße 32.
Sehr geehrter Herr Doctor,
Sonnabendder 12.12.1896 (Samstag), an dem Wedekind Ludwig Fulda in dessen Wohnung in Charlottenburg (Uhlandstraße 1, 3. Stock) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 322] zwischen 17 und 18 Uhr aufzusuchen angekündigt hatte [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 11.12.1896]. Abend habe ich mich leider verspätet sonst wäre
ich hierher gekommen, und dann hoffte ich Sie eventuell Abends in der FahnenweiheJosef Ruederers Lustspiel „Die Fahnenweihe“ (1895) hatte am 12.12.1896 (Samstag) um 20.30 Uhr im Theater des Westens in Berlin (Kantstraße 12, am Bahnhof Zoologischer Garten) öffentliche Premiere: „Abends 8½ Uhr, zum ersten Male: Die Fahnenweihe. Eine Komödie in drei Acten von Josef Ruederer.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 25, Nr. 632, 12.12.1896, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (4)] Das Stück des mit Wedekind befreundeten Autors war zuvor am 29.11.1896 durch die Dramatische Gesellschaft in Berlin (1. Vorsitzender: Ludwig Fulda) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 281] uraufgeführt worden: „Die neugegründete ‚Dramatische Gesellschaft‘ hat gestern unter den günstigsten Auspizien ihren ersten Schritt ins Leben gethan. Die dreiaktige Komödie ‚Die Fahnenweihe‘ von Josef Ruederer, die sie ihren Mitgliedern bei der gestrigen Matinée im Theater des Westens als erste Gabe bot, wurde mit lebhaftem, durchaus unbestrittenem Beifall aufgenommen.“ [Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jg. 36, Nr. 562, 30.11.1896, Abend-Ausgabe, S. 2]
zu treffen. Jetzt habe ich noch den ersten Aktvon Wedekinds Tragödie „Der Erdgeist“ (1895), die er am 16.12.1896 vorlas (siehe unten) und Ludwig Fulda dazu bereits eingeladen hatte [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 11.12.1896]. durchzuarbeiten. Ihr Erscheinen
wird mir von sehr hohem Werth sein. Herr Liebermann wohnt Pariser
Platz 7. (Mittwochder 16.12.1896, an dem Wedekinds „Erdgeist“-Lesung in der Wohnung von Max Liebermann (Pariser Platz 7) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 755] stattfand; Max Liebermanns Erinnerung zufolge waren außer ihm selbst bei der Lesung Otto Brahm, Otto Erich Hartleben, Paul Schlenther, Ludwig Fulda, Wilhelm Bölsche, Fritz Mauthner, Heinrich und Julius Hart sowie Walter Leistikow anwesend und es „machte der ‚Der Erdgeist‘ gerade die entgegengesetzte Wirkung, die sich Wedekind versprochen hatte: die tragischen Stellen hatten einen starken Heiterkeitserfolg, und namentlich Otto Erich berstete vor Lachen.“ [Friedenthal 1914, S. 213]. 12 Uhr)
In größter Hochschätzung
Ihr
Frank Wedekind.
Lindenhotel, Kleine Kirchstraße.
14.12.96.