Ostseebad
Timmendorferstrand b/
Lübeck
Villa Bucheneck 29.8.17
Verehrter und lieber Herr Weg/d/ekind,
in diesem Nestchen erst, wohin mich der Ekel für kurze Zeit
getrieben hat, empfange ich Ihren liebenswürdigen zürcher Grußnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 12.8.1917. Wedekind dürfte mit diesem Gruß (eine Postkarte oder Bildpostkarte) die Buchausgabe von „Herakles“ angekündigt haben, wie der vorliegende Brief andeutet.. Ohne Scheu sage
ich Ihnen, daß er mir ernste Freude bereitet; doppelte nach einer Zeit, in der
ich meiner Ueberzeugung ein seelisch u materiell recht schweres OpferDas am 3.7.1917 von der militärischen Zensurbehörde verfügte zweite Dauerverbot der „Zukunft“ [vgl. Hellige 1983, S. 730f.] hatte für den Herausgeber auch materielle Folgen, die Maximilian Harden in seinen Brief an Walther Rathenau vom 5.7.1917 beschrieb; auch „der materielle Verlust“ sei „enorm.“ [Hellige 1983, S. 732]. bringen
mußte u dessen Folgen spüre.
Lassen Sie mich hoffen, daß wir uns sehr bald wiedersehenMaximilian Harden hat Wedekind nicht wiedergesehen.
und nun, nach häßlicher PauseAnspielung auf den von Wedekind am 29.9.1916 als „Hardenskandal“ [Tb] notierten heftigen Streit zwischen ihm und Maximilian Harden [vgl. Martin 1996, S. 183f.]; seitdem hatte man sich nicht mehr gesehen und der zuvor intensive Kontakt war unterbrochen., einander noch näher kommen werden.
Ich freue mich auf Ihren HeraklesDie Buchausgabe des Versdramas „Herakles. Dramatisches Gedicht in drei Akten“ [vgl. KSA 8, S. 880] erschien „erst im Dezember 1917“ [KSA 8, S. 871] im Georg Müller Verlag in München, obwohl sie schon seit dem Sommer in Aussicht stand. Wedekind hatte Typoskripte seines Stücks [vgl. KSA 8, S. 880] bereits im Frühjahr an seine beiden Verlage geschickt [vgl. Wedekind an Georg Müller, 24.3.1917; Wedekind an Drei Masken Verlag, 24.3.1917].. Jetzt könnten wir
zusammen Das schreiben, was Sie früher so oft wünschten. Dieser wahnwitzig
widrigen Zeit den Zerrspiegel vorhalten, den sie verdient. Das große Gelächter
anstimmen ...
Empfehlen Sie mich, bitte, Ihrer verehrten Frau.
Ich bin Ihnen dankbar und drücke herzlich Ihre Hand.
Mit Wünschen, denen in/ch/ Kraft ersehne,
Ihr
Harden
Wir müssen, Jeder auf seine Art, versuchen, trotziger als je
dieses läppisch wüste Schicksalspiel zu meistern u zu dauern, bis ....