Zürich 20.II.88.
Lieber Papa,
von ganzem Herzen gratulire ich Dir zu Deinem zwei- und siebzigsten
Geburtstageam 21.2.1888.. Er trifft Dich zwar offenbar nicht so wohl an, wie wir alle es
wünschen. Ich schließe das daraus, daß Du noch immer nicht wieder hierher
gekommen bist. Aber die wärmeren Tage des nahendenSchreibversehen (Auslassung), zu ergänzen ist wohl: Frühling. | werden Dich auch noch die letzten
Folgen des strengen Winters mit Leichtigkeit überwinden lassen.
Was mich demnächst am meisten bedrückt, ist das Bewußtsein, daß Du Dir meinethalben
Sorgen machst. Die Zeit, die Du mir frei zu stellen die Güte hattest, ist jetzt
binnen MonatsfristBis zur Wiederaufnahme des im Herbst 1886 abgebrochenen Jursastudiums zum Sommersemester 1888 in Zürich hatte Wedekinds Vater von Oktober 1887 bis März 1888 Frank Wedekind offenbar für ein halbes Jahr finanzielle Unterstützung zugesagt, damit er seiner schriftstellerischen Tätigkeit nachgehen konnte. um. Du wirst sehen, daß ich sie nicht verloren habe. Ich hatte
Gelegenheit, mich unbekümmert um alles andere auf meine Arbeit zu |
concentriren und dafür bin ich Dir unendlich dankbar. Auf Rechnung dessen mußt
Du es freilich auch schreiben, daß Du binnen der letzten Monate nichts mehr von mir gelesen hast.
Also bitte, habe noch eine kurze Weile Geduld mit mir. Als Zeitungsschreiber
komme ich immer noch an, aber wenn, ich es
einmal bin, so wird es weniger leicht sein, sich darüber hinaus zu arbeiten.
Ich würde das nicht schreiben, wenn ich es nicht von denen gehört hätte, die ich hier in Zürich als solche
kenne, und zwar gerade anläßlich dessen was ich geschrieben, | indem man mich
um die Sache selbst wie um die Gelegenheit dazu beneidete. Es ist mir hier ja
aber nur um die Rechtfertigung dieses halben Jahres zu thun. Nachher bin ja
auch ich gerne bereit, den normalen Weg zu betreten.
Und nun noch einmal meine besten Glückwünsche zum morgigen
Tage. Möge sich das Fest noch recht oft wiederholen, und zwar unter
befriedigerenden Verhältnissen als gerade dieses Jahr. – Indessen verbleib ich
mit herzlichsten Grüßen Dein treuer und dankbarer
Sohn
Franklin.