Lieber verehrter Herr Franz Evers!
Von hochherzigen FreundeEin neunköpfiges Komitee hatte folgenden Aufruf veröffentlicht: „Am vierundzwanzigsten Juli 1914 wird Frank Wedekind fünfzig Jahre alt. Um diesem Dichter, der als einer unserer bedeutendsten Dramatiker um die Freiheit seines Schaffens bis auf den heutigen Tag schwer kämpfen und leiden mußte, einen schwachen Entgelt hierfür und besonders ein Zeichen öffentlicher Verehrung zu bieten, hat sich das unterzeichnete Komitee gebildet. An alle Freunde der Persönlichkeit und des Werkes von Frank Wedekind ergeht die Bitte, sich durch Stiftung einer Summe zu der geplanten Ehrengabe, die dem Dichter an seinem Geburtstag überreicht werden soll, an dieser Feier zu betheiligen und in ihren Kreisen dafür zu wirken. Die Zahlung der Beiträge, zu denen das Komitee mit tausend Mark den Grund gelegt hat, wird an das Check-Konto ‚Ehrengabe Frank Wedekind‘ der Bayerischen Vereinsbank in München, Promenadestraße 1, erbeten. Quittung über die Beiträge erfolgt im ‚Neuen Merkur‘ (Verlag Georg Müller) und im ‚Zwiebelfisch‘ (Verlag Hans von Weber). Herbert Eulenberg. Maximilian Harden. Friedrich Kayßler. Thomas Mann. Kurt Martens. Georg Müller. Baron von Putlitz, General-Intendant. Felix Salten. Hans von Weber.“ [Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 35, 30.5.1914, S. 302] Der Aufruf erschien nicht nur in der von Maximilian Harden herausgegebenen Wochenschrift „Die Zukunft“, sondern wurde in zahlreichen Zeitschriften und Zeitungen veröffentlicht, etwa in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ [vgl. Ein neuer Aufruf für Frank Wedekind. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 258, 21.5.1914, Vorabendblatt, S. 2], den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ [vgl. Eine Ehrengabe für Wedekind. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Jg. 12, Nr. 135, 20.5.1914, S. 3] oder im „Berliner Tageblatt“ [vgl. Eine Ehrengabe für Wedekind. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 265, 27.5.1914, Abend-Ausgabe, S. (2)]; er dürfte am 18.5.1914 an die Presse verschickt worden sein, wie einige Zeitungen mitteilen: „Das Komitee zur Ehrung Frank Wedekinds schickt uns unter dem 18. Mai einen Aufruf zu einer Ehrengabe für Frank Wedekind“ [Dichterehrung. In: Der Beobachter, Jg. 84, Nr. 116, 20.5.1914, S. (3)].n deutscher
Dichtung schenkten mir zum meinem 50 Geburtstag eine Ehrengabe in ansehnlicher HöheDie Presse berichtete: „Frank Wedekind, der heute seinen 50. Geburtstag feiert, wurde vom Komitee zur ‚Wedekind-Ehrung‘ eine Ehrenspende in Höhe von 6433 Mk. überreicht.“ [Dresdner Nachrichten, Jg. 58, Nr. 204, 25.7.1914, Abend-Ausgabe, S. (1)] geschenkt
Wollen Sie mir geehrter
Herr die Freude bereiten,
einen kleinen Theil dieser GabeDie Presse berichtete weiter: „Wedekind hat sofort die Spende in sechs gleiche Teile geteilt und sie an sechs Schriftsteller übersandt. Je 1000 Mk. hat er dem Lyriker Georg Busse – Palma [...], Hanns v. Gumppenberg in München [...], Arno Holz – Berlin, Peter Altenberg – Wien, dem fast verschollenen Lyriker Franz Evers und Paul Scheerbart – Berlin gestiftet.“ [Dresdner Nachrichten, Jg. 58, Nr. 204, 25.7.1914, Abend-Ausgabe, S. (1)] als Ausdruck meiner/der/ Gefühle des
Dankes und der Verehrung entgegen nehmen zudurch Umstellungszeichen geändert von: zu nehmen. wollen
die ich alle Kenner
Ihrer Werke seit vielen
Jahren für Ihre Dichtungen habgenSchreibversehen, statt: hegen; Wedekind wollte zunächst offenbar „haben“ schreiben..
Diese BitteDer Inhalt des Anschreibens Wedekinds an die ausgewählten Schriftsteller war der Presse offenbar bekannt: „Gleichzeitig richtete er an sie ein Schreiben, worin er sie bittet, die Spenden anzunehmen. Er will damit seinen Gefühlen der Hochschätzung Ausdruck geben und auf das reiche Lebenswerk der Schriftsteller aufmerksam machen.“ [Dresdner Nachrichten, Jg. 58, Nr. 204, 25.7.1914, Abend-Ausgabe, S. (1)] Überliefert sind von den sechs Briefen zwei weitere, zu dem vorliegenden Briefentwurf nahezu textidentische Schreiben [vgl. Wedekind an Peter Altenberg, 24.7.1914; Wedekind an Hanns von Gumppenberg, 24.7.1914]. ist einzig von dem Wunsch beseelt das Augenmerk unseres Volkes mit
Nachdruck auf Ihr reiches Lebenswerk und auf Ihre/die/ hohen bedeutenden Verdienste zu lenken, die Sie
sich um die deutsche Literatur erworben haben.
In größter Hochschätzung
Ihr ergebener
FrW.
Nur Einzig
und alleinDer nachgestellte Satz diente Wedekind als Alternativformulierung für den Satz: „Diese Bitte ist einzig“ bis „erworben haben“, wie die überlieferten Briefe an die anderen Ausgezeichneten belegen. das Bestreben,
das Augenmerk – – – giebt mir den Mut diese Bitte an Sie zu richten.