Kennung: 5329

Zürich, 28. September 1887 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie

Inhalt

Zürich, 28.IX.87.


Liebe Mutter

Den Brief an Donaldnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Donald Wedekind, 26.9.1887. hab’ ich bereits von Herzen bereut. Ich habe ihn bereits um Verzeihung gebetenHinweis auf ein weiteres nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Donald Wedekind, 27.9.1887. und bitte nun auch dich um Verzeihung. Wenn du schreibstnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Emilie Wedekind an Frank Wedekind, 27.9.1887., du sehest wie ich bereue für Dich eingestanden zu sein, so muß ich Dir Recht geben. Das Gegentheil darf ich natürlich nicht sagen, sonst fühlt sich Papa wieder beleidigt und ich werde ihn dann auch wieder um Verzeihung bitten. Aus dem gleichen Grunde erlaß mir BitteSchreibversehen, statt: mir bitte. die Beantwortung deiner lieben Zeilen | in’s Einzelne. Ich könnte ganz gegen meinen Willen wieder irgend etwas schreiben wodurch sich irgend jemand beleidigt fühlt. Ich zittre und zage sogar, ob ich dieses Billet abschicken S/s/oll. Mein Brief an Doda war die einzige Kundgebung meiner inneren Stimmung, der einzige Schmerzensschrei. Außerdem war er durchaus nicht persönlich gemeint sonderSchreibversehen, statt: sondern. nur gegen das Kriegführen überhaupt gerichtet. Aber ich sehen schon, es ist das beste zu schweigen. Ich werde auch von heute ab wieder schweigen, werde zu allem ja sagen, hier ja sagen und dort ja sagen. Wenn ich dafür auch hier wieder Speichellecker und dort gemeiner Hund genannt werde, so ist doch wenigstens Friede im Haus. O, wenn doch nur alle das gleiche Bedürfniß nach Frieden hätten wie ich, wie reizend müßte das werden. Du sagst, das Geld sei mir | bei der GeschichteIm Sommer 1886 kam es zwischen Frank Wedekind und seinem Vater zu einem heftigen Streit anlässlich seines vernachlässigten Jurastudiums, bei dem offenbar auch das Verhältnis seiner Eltern Gegenstand der Auseinandersetzung wurde. Es kam zum Bruch mit dem Vater und der Einstellung jeglicher finanzieller Unterstützung durch ihn. Eine Versöhnung zeichnete sich nun nach über einem Jahr ab [vgl. Frank Wedekind an Friedrich Wilhelm Wedekind, 19.9.1887]. die Hauptsache. Ich sage ja. Wenn Papa mir sagt, du seist mir die Hauptsache, so werde ich auch ja sagen. Ich bin so mürbe wie Zunder; ihr könnt mich alle um den Finger wickeln. Ich werde den Kopf hängenSchreibversehen, statt: Kopf hängen lassen., mich um die Ecken drücken und froh sein, wenn man mir gestattet zu existiren. Aber bitte, lieb Mama, laß dich nun hierdurch nicht wieder beleidigen. Ich kann nicht anders schreiben. Darum wollt ich auch anfangs gar nicht schreiben;/./ da/A/ber dann hättest du Dich wieder beleidigt gefühlt. Wenn du mir aufs Wort glauben willst daß ich dich nicht beleidigen will und wenn du im übrigen einigen ZeitSchreibversehen, statt: einige Zeit. warten willst, so verpflichtest du mich zu größtem Dank. Hoffentlich gelingt es mir, mich indessen zu bessern.

Was du mir von deinem Gelde schreibst so bin ich dir sehr Dankbar dafürSchreibversehen, statt: dankbar dafür.. Wenn ich | schließlich nur soviel bekomme, daß ich nach AmerikaDort hielt sich seit Ende April 1886 bereits Frank Wedekinds Bruder William auf. gehn kann, denn, wenn es mir erlaubt ist einen Wunsch zu hegen, so ist das jetzt mein einziger. Europa ist mir, mit Verlaub zu sagen, gründlich zu wiede/de/er. Aber bitte, nimm diesen Brief nicht im Ernst. Ich kann nicht anders schreiben. Ich schreibe nur um überhaupt zu schreiben. Ich wußte wol warum ich so lange schwieg; bitte, antworte mir nicht. Ich weiß ja, daß du mein bestes willst. Es wird sich auch mit der Zeit alles geben. Auch ist es meiner Ansicht nach nicht angezeigt, die Sache so tragisch zu nehmen. Sie fing damit an, daß Du am Verrücktwerden warst und jetzt sind wir doch alle so leidlich bei Verstand. Papa und ich, wir haben die Zeche bezahlt und ich will ihm ja alles bieten, damit ich auch seine Hälftemöglicherweise Schreibversehen, statt: Hülfe. bekomme. Wenn ich nur nicht falsch verstanden werde. Also bitte warte, warte. Du verstehst mich falsch. Ihr alle versteht mich falsch. Warte bis ich wieder anders sprechen kann. Ich bin nicht so wie dieser Brief ist. Zerreiß den Brief. Ich kann nicht anders. Antworte mir nicht. Es wird nichts besser dadurch. Einzig mündlich. Franklin

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 10 x 12,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Den Schluss des Briefes (nach „Antworte mir“) hat Wedekind um 90 Grad gedreht am linken Seitenrand von Seite 4 notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    28. September 1887 (Mittwoch)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

(Band 1)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
178-179
Briefnummer:
59
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 210-212 (Nr. 88).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 28.9.1887. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

28.05.2024 17:21