[1. Hinweis und Referat in Otto von Grotes Brief
an Michael Georg Conrad vom 10.5.1896 aus Wannsee (Mü, MGC
B 265):]
So ist denn meine rechte Hand durchaus schreibunfähigdurch einen Hundebiss.. [...]
Um jedoch nicht den Anschein zu erwecken, daß ich Frank Wedekind’s AnerbietenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto von Grote, 8.5.1896. Wedekind dürfte von Michael Georg Conrad empfohlen worden sein, selbst mit dem Mäzen Kontakt aufzunehmen. Otto von Grote suchte Wedekind „im Frühjahr 1896“ durch Vermittlung Michael Georg Conrads als Autor für „ein Oratorien-Projekt“ [KSA 3/II, S. 1459] zu gewinnen, das dann in ein Opernprojekt – „Nirwana“ [vgl. KSA 3/II, S. 1459-1467] – umgewandelt wurde. ausweichen möchte,
habe ich gesternam 9.5.1896 – das somit belegte Schreibdatum des hier erschlossenen Briefs. Abends mit Runenschrift Wedekind
meine Idee eines weltlichen Oratoriums in Schlagworten angegeben, – mit der
Bitte, mir ungeschminkt seine Meinung zu sagen; denn ich sei ein Barbar, dem die Musenin der griechischen Mythologie Schutzgöttinnen der Künste und Wissenschaften, landläufig: die Quelle künstlerischer Inspiration. stets nur ihre (allerdings auch reizvolle)
Kehrseite zeigten. – Vogue
la Galère!(frz.) auf gut Glück! Komme, was da wolle! – Redewendung, im Sinn von: Hoffen wir das Beste! Wenn der
geweihte Dichtermund den Kohl genießbar anrichten kann, käme Polyhymnia(griech.) viele Lieder – eine der Musen, die Muse des Gesangs, der Pantomime, der Hymnendichtung. an die Reihe, und da las ich von
einem ihrer Interpreten – eines Schulmeisterleins SohnAnton Beer, aus einer kinderreichen Familie stammender Sohn eines Lehrers und Kantors aus der Oberpfalz, den Otto von Grote Wedekind für das projektierte Oratorium (siehe oben) „als Komponisten“ [KSA 3/II, S. 1459] vorschlug. Anton Beer war von 1888 bis 1891 Musikschüler an der Akademie der Tonkunst in München, dann freischaffender Künstler, gefördert von dem Münchner Mäzen Adolf Friedrich von Schack, in dessen Haus er bis 1894 wohnte [vgl. Martin Valeske: Anton Beer-Walbrunn. Der begnadete Melodiker. In: Musik in Bayern. Jahrbuch der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte 81 (2016), S. 149-168 (https://jahrbuch.gfbm-online.de/index.php/mib/article/view/150/114)]., welcher ersterer die
Zeit sich mit Kindermachen vertrieb. Dieser 1864 geborene Anton Beer soll ein bedeutendes
CompositionstalentAnton Beer war unlängst etwa durch eine musikalische Matinee am 8.3.1896 in München aufgefallen: „Anton Beer personificiert [...] den Durchbruch des rein-musikalischen Schaffens auf Grund des modernen Empfindens und Könnens! – ‚musikalische Secession‘. Wie sehr ein solcher Künstler von der musikalischen Welt erwartet wurde, das bewies der spontane Erfolg seiner Matinée am 8. März. [...] Man spielte Ouverture und Teile aus der Oper ‚Sühne‘, ein Klavierquartett in F und Lieder. Als Meister der Kammer-Musik fand Beer sogar die unumwundene Anerkennung hervorragender Wagnerianer.“ [Georg Fuchs: Die Münchener Secession der Künste. In: Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 7, Heft 8, August 1896, S. 910] besitzen, wurde von Schack aufgenommen, von dessen
Nachfolger hinausgeworfen, ernährt sich durch Stundengeben in München
–, verfaßte
(Kammermusik) Quartette, eine Oper „Sühne“ und wurde vom „Publicum“ verhöhnigt. Letzteres spricht sehr für ihn! – Sie,
als Musik-Kenner u. Protector hungriger Musenkinder, sollten diesem Musensohn
auf den Zahn fühlen! Wenn Wedekind den Gedanken ausführt, könnte
vielleicht auch Anton
Beer dadurch unter die
Arme gegriffen werden. Das nöthige oder den nöthigen nervus rerum(lat.) Triebfeder; scherzhaft: Geld.,
(um mich zarter auszudrücken) hoffe ich zusammen kratzen zu können!
[2. Hinweis und Referat in Otto von Grotes Brief
an Michael Georg Conrad vom 28.5.1896 aus Wannsee (Mü, MGC
B 265):]
[...] keine Silbe der Beantwortung meines langen an W.
gerichteten Schreibebriefes. [...] Ich hatte W. ausdrücklich
erklärt, daß ich absolut nicht empfindlich sei; denn ich sei weder Dichter noch
Musiker!
[3. Hinweis und Zitat in Wedekinds Brief an Otto
von Grote vom 8.8.1896 aus München:]
[...] in Ihrem ersten geehrten Schreiben an mich, in dem Sie
mir die Idee auseinandersetzten, selber mit der Aufführbarkeit rechneten
(„einmal aufgeführt wird es Ihnen auch leichter werden mit Ihren Dramen auf die
Bühne zu gelangen[“]) [...]