Postkarte
An Herrn Frank
Wedekind
in Berlin NW
Wohnung (Straße und Hausnummer)
Schiffbauerdamm 6 III |
Grunewald, 4/12 1905
Hochgeehrter Herr Wedekind,
mein VersuchMaximilian Harden dürfte die Postkarte an Wedekind unmittelbar nach seinem Besuch, bei dem er Wedekind in seiner Wohnung am Schiffbauerdamm 6 nicht antraf, geschrieben haben. Da die Postkarte zwischen 10 und 11 Uhr abgestempelt ist, fand der erfolglose Besuch davor statt. Wedekind hatte am 4.12.1912 vormittags „Arrangierprobe Marquis von Keith“ [Tb] im Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) – er spielte die Titelrolle in der Berliner Inszenierung des „Marquis von Keith“, deren Premiere am 13.12.1905 stattfand., Sie in Ihrer Wohnung zu finden, ist leider
mißglückt; und da ich, wie immer, Visitenkarten vergessen hatte, konnte ich
nicht mal acte de présence machenRedewendung ‚pour faire acte de présence‘ (frz.) = sich zeigen, präsent sein..
Meine zweimonatige akute KrankheitMaximilian Harden litt unter schmerzhaften Hautentzündungen und zog diverse Ärzte zu Rate. „Beständig die abscheuliche Furunkelei“, gegen die „fast nichts“ [Hellige 1983, S. 436] zu machen sei, klagte er Walther Rathenau am 2.11.1905, über die daraus resultierende gelegentliche „fast völlige Unbeweglichkeit des Arms“ [Hellige 1983, S. 438] am 8.11.1905, außerdem: „Vier Wochen Fieber“ [Hellige 1983, S. 439]. Dazu kamen heftige Zahnschmerzen und Zahnbehandlungen; davon hat er zwei Monate zuvor auch Wedekind geschrieben [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 4.10.1905]. hat mich um die Freude
gebracht, Sie sehen zu können. Vielleicht haben Sie in einer zweiten
WochenhälfteMaximilian Harden war Anfang der Woche stets sehr beschäftigt, da er dienstags das jeweilige Heft der „Zukunft“ im Einmannbetrieb fertig redigierte. „Die Zukunft“ erschien, jeweils datiert auf den folgenden Samstag, immer freitags. Wedekind wusste von Rathenau [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 3.10.1905], dass Harden Verabredungen von Donnerstag bis Samstag besser passten. mal Zeit und Lust, hier oder in der Stadt mit mir zusammenzuseinWedekind sah Maximilian Harden am 7.12.1905 bei einem Diner bei Walther Rathenau wieder (ohne die Begegnung zu notieren): „Abends großes Diner bei Rathenau. Ich führe Frau Kommerzienrath Deutsch zu Tisch.“ [Tb] Harden bedankte sich am 8.12.1905 bei Rathenau für den Abend: „Dank für gestern. Es war sehr schön. Deutschs [...] hatte die ungemeine Güte, mich heraus zu fahren.“ [Hellige 1983, S. 446].
Mit verbindlichen Grüßen
ergeben
Harden