Grunewald-Berlin, 9.10.1904
Sehr geehrter Herr Wedekind,
aufrichtig danke ich Ihnen für Ihren liebenswürdigen Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 6.10.1904. Maximilian Harden sandte diese Brief am 9.10.1904 an Walther Rathenau: „Und damit Sie nicht zu stolz werden: einen Wedekindbrief, den ich heute empfing.“ [Hellige 1983, S. 381]. Mir
wars eine große, lange ersehnte Freude, Sie kennenzulernenWedekind hatte Maximilian Harden am 22.9.1904 in Berlin persönlich kennengelernt, der ihn zu einem Abendessen bei Walther Rathenau mitnahm, den er bei dieser Gelegenheit ebenfalls persönlich kennenlernte: „Abends mit M Harden bei Dr. Ratenau diniert.“ [Tb] Maximilian Harden schrieb am 23.9.1904 an eine unbekannte Person: „Gestern lernte ich Wedekind kennen; einen höchst ungewöhnlichen Menschen, dessen Talent ich, nicht ohne manches Widerstreben, ungemein schätze. Als Menschen kann ich ihn freilich noch nicht durchblicken.“ [Katalog Antiquariat Herbst-Auktionen (Detmold): https://www.herbst-auktionen.de (zuletzt abgerufen 16.8.2023)]. Und daß ich Sie so
ganz unkonventionell bat, den Abend mit meinem Freunde zu verbringen, läßt sich
nur durch die Thatsache begründen, daß Rathenau der feinste, verständnißvollste
Bewunderer Ihrer Kunst ist, den ich kenne.
Ich hoffe, wir verlieren einander nicht wieder. Kann ichs
irgend ermöglichen, so suche ich Sie bald in München auf.
Herzlich grüßt Ihr sehr ergebener
Harden