[Hinweis und Zitat in J. A. Stargardt: Katalog 634 (1985), Nr.
320:]
WEDEKIND, Frank […]. Berlin 10.II.1906. [...]
An (Albert Dessoff) in Frankfurt a. M.Albert Dessoff in Frankfurt am Main (Grüneburgweg 137) war „Bibliotheksekretär“ [vgl. Adreßbuch für Frankfurt am Main 1907, Teil I, S. 59] und 1. Vorsitzender der Gesellschaft für ästhetische Kultur [vgl. Adreßbuch für Frankfurt am Main 1907, Teil IV, S. 67]. wegen der
Honorierung eines Vortrages.
„... Ich höre ... daß Sie für andere bei Ihnen gehaltene
Vorträge dieses Honorar (M. 400Wedekind erhielt ein Honorar von 300 Mark (siehe unten).) bezahlt haben ... Wenn Sie glauben, daß Sie
... mit mir nicht auf die Kosten kommen, dann würde ich Ihnen vorschlagen, mit
meinem Vortrag noch ein Jahr zu wartenWedekind hielt den Vortrag bereits 10 Tage später, wie die Presse meldete: „Auf Einladung der Gesellschaft für ästhetische Kultur wird Frank Wedekind Dienstag, den 20. Februar, abends 8 Uhr in der Frankfurt-Loge eigene Dichtungen vorlesen.“ [Frankfurter Zeitung, Jg. 50, Nr. 46, 16.2.1906, Abendblatt, S. 3] Bei der Lesung bekam das Publikum „nicht das ‚wilde Dichtertier‘ zu sehen [...] – nein, der ruhige, ernste Herr in Schwarz mit weißer Binde da oben, der schlicht und einfach aus dem Hintergrund vortrat und nach einer leichten Verbeugung rasch auf den Vortrags-Tisch zuschritt“, beeindruckte offenbar durch seine Dezenz, auch durch „den Klang der Stimme: Tief, wohllautend, in harter aber gezügelter Energie schwingend, hallte sie, bis in den fernsten Winkel vernehmbar, durch den Saal, unterstützt von einer überaus deutlichen Aussprache, die namentlich den R-Laut, vielleicht mehr alemannisch als bühnenhaft, scharf hervorstieß. Herr Wedekind las, zum Teil frei rezitierend, in schneller Folge, mit einem leisen Anhauch stimmlicher Differenzierung, als Einleitung drei Szenen aus seinem Drama ‚So ist das Leben‘! Dieses wie die anderen Probestücke spiegelten, durch gute Sprachkunst in allen Schattierungen herausgebracht, seine dichterische Persönlichkeit charakteristisch wieder; [...] warmer Beifall drückte ihm denn auch Dank und Sympathie der Hörer aus, die den Saal füllten.“ [–rb.: Frankfurter Vortragsabende. In: Frankfurter Zeitung, Jg. 50, Nr. 51, 21.2.1906, Abendblatt, S. 2] Wedekind notierte am 20.2.1906: „Vortrag in der Frankfurter Loge. Mit der Gesellschaft für ästätische Kultur im Rathskeller. Eingenommen M. 300“ [Tb].. Vielleicht ist mein Name dann populär
genug geworden, um das Honorar zu ermöglichen. Sie werden verstehen, daß ich
mir von Kollegen nicht gern den Vorwurf machen lasse, daß ich die bei solchen
Anlässen üblichen Honorare herabmindere...“