[1. Briefentwurf:]
Bei der Lektüre der hier beigelegten Besprechungim abgesandten Brief als „Notiz“ bezeichnet (siehe unten). drängte
sich mir der Gedanke auf – würde eine Redaktion einer Zeitung nicht vielleicht
einmal aber ausschließlich an SchauspielerWedekind entwarf im Notizbuch [Nb 18, Blatt 87v, 87r, 86v] etwa gleichzeitig mit dem vorliegenden Briefentwurf einen thematisch entsprechenden Brief vom 15.1.1910 an Schauspieler und zwar an Gustav Maran, Paul Wiecke, Arthur Bauer, Mathieu Lützenkirchen, Arthur Kraußneck, Josef Klein, Paul Wegener, Hermann Nissen, Max Marx, Oscar Sauer, Josef Kainz, Reinhold Gollbach (alle im Notizbuch [Nb 18, Blatt 81r, 81v] als Adressaten notiert)., nicht an Schriftsteller die Frage
richten.
[Absatz mit Tinte komplett
gestrichen:] Ich bemerke au erlaube mir ausdrücklich zu bemerken,
daß das Berliner T. die erste ich Ihnen diesen Einfall zuerst mittheileWedekind hat seinen Einfall für eine Umfrage „Wie denken Sie über Frank Wedekind als Schauspieler?“ (siehe unten) einige Tage später auch dem „Berliner Lokal-Anzeiger“ mitgeteilt [vgl. Wedekind an Alfred Holzbock, 21.1.1910]. Weder im „Berliner Tageblatt“ noch im „Berliner Lokal-Anzeiger“ ist eine solche Umfrage bisher nachgewiesen. Ob er sie noch weiteren Zeitungen vorschlug, ist nicht bekannt..
[2. Abgesandter Brief:]
An die tit. Redaktion des
„Berliner Tageblattes“.
Sehr geehrter HerrChefredakteur des „Berliner Tageblatt“ war Theodor Wolff, verantwortlicher Redakteur für das Feuilleton war Hans Fischer (Kurt Aram).!
Bei der Lektüre der hier beigelegten Notiznicht überliefert. Es dürfte sich um einen Zeitungsausschnitt mit einer Wedekind als Schauspieler beurteilenden Kurzbesprechung gehandelt haben (nicht ermittelt). Da Wedekind in seinen Stücken als Schauspieler agierte, hat die Theaterkritik das entsprechend thematisiert und oft bekrittelt, was wiederum Wedekind dazu veranlasste, die Umfrage „Wie denken Sie über Frank Wedekind als Schauspieler?“ vorzuschlagen und damit publizistisch auf die Urteile der Theaterkritik zu reagieren. Im „Berliner Tageblatt“ hatte zuletzt dessen Wiener Korrespondent Stefan Großmann in einer Besprechung von Wedekinds Gastspiel am Lustspieltheater in Wien (15. bis 19.12.1909) Wedekind als Schauspieler kommentiert: „Wedekind interessierte in Wien, weil er auch Schauspieler ist. Eine Stadt, in der sich die künstlerischen Interessen nie um ein Werk, stets nur um einen Darsteller drehen, ist der richtige Boden für einen Dichter, der auch als Schriftsteller stets ein vermummter Herr ist. Um hier populär zu werden, müßte Wedekind freilich unabhängiger von seinem Text, ein bißchen mehr Stegreifdichter werden.“ [St. Gr.: Wiener Theater. (Von unserem Korrespondenten.) In: Berliner Tageblatt, Jg. 38, Nr. 657, 28.12.1909, Morgen-Ausgabe, S. (2)] drängte sich mir
der Gedanke auf: Würde die Redaktion einer Zeitung nicht vielleicht einmal, aber
ausschließlich an Schauspieler, die FrageDie dann folgende Frage „Wie denken Sie über Frank Wedekind als Schauspieler?“ hat Wedekind bereits im ersten Briefentwurf so formuliert [vgl. Wedekind an Berliner Tageblatt, 14.1.1910] und sie einige Tage später als Umfrage auch dem „Berliner Lokal-Anzeiger“ vorgeschlagen (siehe oben). richten: Wie denken Sie über
Frank Wedekind als Schauspieler?
Die Frage an Theaterleiter zu | richten, schiene mir im Interesse einer sachlichen
Erhebung nicht richtig, da die eine oder andere Aussage vielleicht
unwillkürlich zu meinen Gunsten gefärbt sein könnte.
Sollten Sie sich zur Stellung der Frage nicht entschließen
können, dann dürfte ich Sie wol höflichst ersuchen, mir die Notiz in
beigelegtem Kuvert zurückschicken zu wollen.
Mit der Bitte den Ausdruck meiner vorzüglichsten
Hochschätzung entgegen zu nehmen
ergebenst
Frank Wedekind.
München 16.1.10Wedekind notierte am 16.1.1910: „Brief an Berliner Tageblatt. Wie denken Sie über FW als Schauspieler“ [Tb]..