Kennung: 4564

München, 11. September 1911 (Montag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Die Schaubühne, (Zeitschrift)

Inhalt

Sehr geehrte RedaktionChefredakteur der in Berlin bei Erich Reiß verlegten Wochenschrift „Die Schaubühne“ war ihr Herausgeber Siegfried Jabobsohn in Charlottenburg (Dernburgstraße 68), wie in jedem Heft auf der letzten Seite mitgeteilt ist.!

Während meines Gastspielsder Wedekind-Zyklus am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) vom 8. bis 31.7.1911, in dessen Rahmen „Hidalla“ mit Wedekind in der männlichen Hautrolle des Karl Hetmann am 22.7.1911 Premiere hatte; hier ist dezidiert die von Wedekind am 24.7.1911 notierte Vorstellung „Hidalla“ [Tb] gemeint, ausgewiesen als „Gastspiel Frank Wedekind, Jenny Vallière, Ernst Rotmund“ in „Hidalla oder Sein und Haben. Schauspiel in fünf Akten von Frank Wedekind.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 64, Nr. 342, 24.7.1911, General-Anzeiger, S. 2] am Münchner Schauspielhaus wurde mir von den mitwirkenden SchauspielernDie an der „Hidalla“-Vorstellung am 24.7.1911 (siehe oben) mitwirkenden männlichen Darsteller waren aus dem Ensemble des Münchner Schauspielhauses Hans Ausfelder, Max Eßlair, Richard Lübau, Siegfried Raabe, Hans Steiner und Ludwig Wesselsy sowie als Gast der Schauspieler Ernst Rotmund [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 64, Nr. 342, 24.7.1911, General-Anzeiger, S. 2]. gelegentlich meines GeburtstagesWedekinds 47. Geburtstag am 24.7.1911. eine kleine Ehrung erwiesen. In meinem Dank, den ich den Herren aussprach, bemerkte ich, daß die erste und einzige Ehre, die mir ein deutscher Schauspieler erweisen könne, darin bestehe, daß er die Rollen, die ich seit zwanzig Jahren für ihn geschrieben, auch ohne meine Mitwirkung darstelle. Ich wies unter anderem darauf hin, daß zum Beispiel mein Schauspiel ‚Hidalla‘, das bis jetzt einhundertundzwanzig Mal in Deutschland aufgeführt wurde, unter diesen einhundertundzwanzig Malen nur sechs Mal in Szene ging, ohne daß ich dabei genötigt war, die Hauptrolle zu spielen. Ich sagte den Herren, daß es sich bei ‚Hidalla‘ außerdem um ein Theaterstück handle, gegen das weder die Zensur noch die Kritik noch das Publikum je den geringsten Einwand erhoben, sondern das bis jetzt überall die günstigste Aufnahme fand. Was mir die Herren darauf entgegneten, bedeutete für mich eine ebenso große wie angenehme Ueberraschung. Sie versicherten mir nämlich, daß heute hunderte und hunderte junge Schauspieler in Deutschland lebten, die sich gar nichts sehnlicher wünschten, als die Hauptrollen in meinen Stücken spielen zu dürfen, denen aber von ihren Direktoren einfach keine Gelegenheit dazu gegeben würde. Meine Antwort auf diese Eröffnung lag auf der Hand. Ich bat die Herren, wo sie einem solchen Schauspieler begegneten, ihn aufzufordern, er möchte sich doch, wenn er eine der großen Rollen aus meinen Stücken spielen wolle, direkt an mich wenden. Ich würde mich dann mit seiner Direktion in Verbindung setzen, der ich bei meinem Verleger vielleicht sogar besonders günstige Bedingungen für die Aufführung erwirken könne.

Darf ich Sie, geehrte Redaktion, nun höflich ersuchen, auch den Bühnenangehörigen aus Ihrem geschätzten Leserkreis von meiner Bereitwilligkeit in dieser Sache Kenntnis geben zu wollen.

Frank Wedekind

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Sonstiges:
Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 11.9.1911 ist als Ankerdatum gesetzt – nach der Datierung eines gleichlautenden offenen Brief an eine andere Zeitung [vgl. Wedekind an Neues Wiener Journal, 11.9.1911], der am 13.9.1911 gedruckt vorlag [vgl. Neues Wiener Journal, Jg. 19, Nr. 6427, 13.9.1911, S. 2]. Das als offener Brief konzipierte Schreiben ist demzufolge einige Wochen nach Wedekinds Geburtstag am 24.7.1911 geschrieben worden und dürfte von der Redaktion der Berliner Wochenschrift „Die Schaubühne“ (Herausgeber: Siegfried Jacobsohn) gleich nach Erhalt in der nächsten möglichen Ausgabe am 21.9.1911 publiziert worden sein (die vorangehende Nummer datiert auf den 14.9.1911).

  • Schreibort

    München
    11. September 1911 (Montag)
    Ermittelt (unsicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Charlottenburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Die Schaubühne

Herausgeber:
Siegfried Jacobsohn
Verlag:
Berlin: Erich Reiß Verlag
Jahrgang:
1911
Seitenangabe:
245-246
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Ein Aufruf. In: Die Schaubühne, Jg. 7, Nr. 38, 21.9.1911, S. 245-246. – Ein gleichlautender offener Brief lag zuerst am 13.9.1911 im „Neuen Wiener Journal“ gedruckt vor [vgl. Wedekind an Neues Wiener Journal, 11.9.1911], danach als Aufruf „Frank Wedekind an die Schauspieler“ [KSA 5/II, S. 417-418] präsentiert am 14.9.1911 in der „Münchener Zeitung“ [vgl. Wedekind an Münchener Zeitung, 11.9.1911].
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an (Zeitschrift) Die Schaubühne, 11.9.1911. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

14.11.2023 08:36