[Hinweis in Wedekinds Tagebuch
vom 14.9.1907 in München:]
Waschzettel Der Entwurf des Werbetextes für die Buchausgabe von „Musik“ [KSA 5/II, S. 252f.] ist im Notizbuch [Nb 43, Blatt 37v-38r] überliefert [vgl. KSA 5/III, S. 150f.]. Der abgesandte Text mit dem hier erschlossenen Begleitschreiben ist verschollen; der Text erschien als ganzseitige Anzeige in der von Albert Langen herausgegebenen und verlegten Wochenschrift „Simplicissimus“ mit einem Foto von Frank und Tilly Wedekind [vgl. Simplicissimus, Jg. 12, Nr. 31, 28.10.1907, S. 488].zu Musik abgeschickt.
[Entwurf der Beilage:]
Das neue Drama Frank Wedekinds „Musik“ ist ein
ausgesprochenes Tendenzstück. Die Tendenz, die der/m/ Arbeit/Sittengemälde/
zu Grunde liegt, ist die Bekämpfung des immer mehr mit jedem Jahr entsetzlicher um sich greifenden Musikstudiums, durch das/welches/
unvergleichlich mehr geistig strebsame/arbeitende/ Menschen um/in/
ihrer ruhigen Betätigung lahm gelegt
werden als die Zahl derer ausmacht/beträgt/, die in Folge dieses/r/
(Musikstudiums) Studien jemals zu einem
künstlerischen Genuß gelangen. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß unter hundert
Musikschülerinnen höchstens eine einzige dazu gelangt, jemals ihrer Kunst einen nennenswerten Dienst zu leisten, daß aber durch
jede dieser hundert Musikschülerinnen mindestens hundert | geistige Arbeiter in
ihrem/r/ Denken gehindert Denkthätigkeit gestört und durch nutzloses
KlaviergeklimperWedekind hatte eine Abneigung gegen „Klaviergeklimper“ [Wedekind an Maximilian Harden, 10.9.1913]. manchmal der Verzweiflung nahegebracht werden, daß also auf
jeden Menschen, der in der Musik Erfolg hat/erntet/ zehntausend Opfer
fallen, denen das Denken der eigenen Gedanken erbarmungslos rücksichtslos zerschmettert wurde so dann wird man das Wedekindsche
Buch unbedingt als eine kulturelle That Großthat begrüßen müssen.
[Druck der Beilage:]
DAS NEUE DRAMA
von
FRANK WEDEKIND
MUSIK
Sittengemälde in vier Bildern
Preis geheftet 2 Mark
In Leinen gebunden 3 Mark
Das neue Drama Frank Wedekinds
„Musik“ ist ein ausgesprochenes
Tendenzstück. Die Tendenz, die dem Sittengemälde zugrunde liegt, ist die
Bekämpfung des mit jedem Jahr unheilvoller um sich greifenden Musikstudiums,
durch welches unvergleichlich mehr geistig arbeitende Menschen in ihrer ruhigen
Betätigung lahmgelegt werden, als die Zahl derer beträgt, die infolge dieser
Studien jemals zu einem künstlerischen Genuss gelangen. Wenn man sich
vergegenwärtigt, dass es unter hundert Musikschülerinnen höchstens einer
einzigen vergönnt ist, ihrer Kunst einen nennenswerten Dienst zu leisten, dass
aber durch jede dieser hundert Musikschülerinnen mindestens hundert geistige
Arbeiter in ihrer Denktätigkeit gestört und durch nutzloses Klaviergeklimper
manchmal der Verzweiflung nahe gebracht werden, dass also auf jeden Menschen,
der in der Musik Erfolg erntet,
zehntausend Opfer
fallen, denen das Denken der eignen Gedanken rücksichtslos zernichtet wurde, –
dann wird man das Wedekindsche Buch unbedingt als eine ebenso mutige wie
verdienstvolle Tat begrüssen müssen.
Zu beziehen durch die Buchhandlungen oder direkt vom Verlag
von ALBERT LANGEN in MÜNCHEN-S