Lieber Armin,
ich muß Dich sehr um Entschuldigung bitten, daß ich dem Dr.
M.nicht sicher identifiziert; wahrscheinlich der mit Armin Wedekind befreundete Arzt Ernst Mützenberg aus Spiez. nicht geschrieben hatte. Aber ich habe im Monat Juli 29 Mal gespieltder erste Wedekind-Zyklus vom 1. bis 30.7.1909 am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg), ein Gastspiel von Frank und Tilly Wedekind. und 21 ausgiebige
ProbenWedekind verzeichnete 22 Probetermine [vgl. Tb]. abgehalten und sein Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ernst Mützenberg an Wedekind, 15.7.1909. kam gerade ungefähr in der Mitte des Monats.
Hätte er mich einfach in unserer KneipeWedekind besuchte in der zweiten Julihälfte 1909 fast täglich das Weinlokal Zur Torggelstube (Platzl 8) in München [vgl. Tb], eine seiner Stammkneipen. aufgesucht, die ihm jeder
Theaterarbeiter hätte verrathen können, dann würde es mich sehr gefreut haben,
aber einen Brief oder eine Postkarte zu schreiben war mir damals nicht möglich.
Jetzt hab ich ihm ausführlich geschriebennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Ernst Mützenberg, 2.8.1909. und mich bei ihm entschuldigt.
Wir denken
immer noch mit Vergnügen an die schönen Tage in ZürichWedekind war dem Tagebuch zufolge gemeinsam mit seiner Frau Tilly vom 16.5.1909 („Abfahrt nach Zürich. Wir logieren Bellevue. Abend bei Armin“) bis 28.5.1909 („½ 11 Abfahrt von Zürich.“) in Zürich. Mit seinem Bruder Armin traf er sich am 16., 19., 21., 22. und 27.5.1909 [vgl. Tb]. . Tilly findet, daß es
bis jetzt unsere schönste amüsanteste GastreiseDer Wedekind-Zyklus am Pfauentheater (Direktion: Alfred Reucker) in Zürich umfasste die Stücke „So ist das Leben“ (19.5.1909 und 25.5.1909; jeweils von 20 bis 22.30 Uhr) mit Frank Wedekind als König Nicolo und Tilly Wedekind als Prinzessin Alma [vgl. Neue Zürcher Nachrichten, Nr. 135, 19.5.1909, 1. Blatt, S. (2)] , „Erdgeist“ (21.5.1909; 20 bis 22.30 Uhr) mit Frank Wedekind als Tierbändiger und Dr. Schön sowie Tilly Wedekind als Lulu [vgl. Neue Zürcher Nachrichten, Nr. 136, 21.5.1909, 1. Blatt, S. (4)] und „Frühlings Erwachen“ (27.5.1909, 20 bis 23 Uhr) mit Frank Wedekind als Vermummtem Herrn [vgl. Neue Zürcher Zeitung, Jg. 130, Nr. 145, 26.5.1909, 2. Abendblatt, S. (2)]. war. Wenn Du wieder einmal ans
Reisen denkst, dann bitte ich Dich, München nicht zu vergessen. Du kömmst hier
bei gutem wie bei schlechtem Wetter im Sommer ebenso wie im Winter auf Deine
Rechnung, von den alten Erinnerungen ganz zu schweigen. Grüße bitte Deine liebe
Frau und die lieben Kinder aufs beste von Tilly und mir. Höchst wahrscheinlich
werden wir ja auch mal wieder nach Zürich kommen. Die Erfahrungen, die wir dort
über So ist das Leben sammelten, haben wir hier verwendetNach seiner Rückkehr nach München verfasste Wedekind vom 31.5.1909 bis 3.6.1909 den Prolog zu „So ist das Leben“ und begann Mitte Juni mit den Proben (16. bis 19.6.1909 und 26.6. bis 1.7.1909) des Stücks. Es folgten im Rahmen des Wedekind-Zyklus am Schauspielhaus München im Juli 1909 Aufführungen von „So ist das Leben“ am 2., 5., 8., 11., 21. und 26.7.1909 [vgl. Tb]. und dem Stück so richtig
auf die Beine geholfen. Jetzt werde ich dasselbe in WienBei Wedekinds Gastspiel am Lustspieltheater in Wien (15. bis 19.12.1909) kam sein Stück „Musik“ nach der Premiere am 15.12.1909 in zwei weiteren Vorstellungen am 16. und 19.12.1909 zur Aufführung [vgl. Tb]. mit Musik versuchen.
Sei herzlichst gegrüßt und vergiß nicht Deinen getreuen
Bruder
Frank.