Kennung: 4390

Paris, 10. Oktober 1893 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Armin (Hami)

Inhalt

Paris, 10.X.1893.
63 Rue de Seine.


Lieber Bruder,

herzlichen Dank für Deinen freundlichen Briefvgl. Armin Wedekind an Frank Wedekind, 9.10.1893.. Aber der Zeddelin der Schweiz verbreitete Schreibweise für ‚Zettel‘. Ein Mitarbeiter des Verlags Meyer und Zeller aus Zürich hatte bei Armin Wedekind einen Zettel mit Literaturwünschen abgegeben [vgl. Armin Wedekind an Frank Wedekind, 9.10.1893]., von dem Du sprichst, liegt nicht darin. Ich weiß es ganz bestimmt, daß er mir nicht unter den Händen herausgefallen, denn ich habe sofort alles nachgesucht. Würdest Du also so freundlich sein und ihn mir sofort in ein Couvert legen und herschicken. Laß Dich bitte das doppelte Porto nicht reuen, da ich ja nicht weiß, ob der Zeddel nicht von Wichtigkeit ist. Ich habe gar keine Ahnung davon, was die anderen Bücher sein könnten, die darauf verlangt werden, da ja nur das eine„Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie“, Zürich: Jean Groß 1891. von mir im Buchhandel existirt.

Des weiteren wollte ich Dich bitten, mir 1000 frs zu schickenArmin Wedekind verwaltete das Erbe des Vaters für seine Geschwister. Frank Wedekind hatte sich sein verbliebenes Erbteil des Barvermögens zur Finanzierung seines Paris-Aufenthalts bereits auszahlen lassen [vgl. Frank Wedekind an Armin Wedekind, 14.3.1892]. Nach dem Verkauf von Schloss Lenzburg im Frühjahr 1893 hatte er Anspruch auf weitere Mittel.. Ich wollte eben an Dich schreiben, als Dein Brief eintraf. Ich wäre dir sehr dankbar, wenn ich das Geld Ende dieser Woche oder jedenfalls Anfangs nächster hier hätte.

Da ich hier ein sehr angenehmes ruhiges Zimmer gefundenAm 5.9.1893, dem Tag seiner Rückkehr aus der Schweiz, notierte Wedekind: „Im Gare de l’Est nehme ich eine Droschke, versäume leider meinen Koffer gleich mitzunehmen, und fahre in’s Hotel Mont Blanc, rue de Seine 63. Ich miethe mir ein großes helles nach dem Hof gelegenes ruhiges Zimmer im zweiten Stock“ [Tb]. , bin ich noch für einen Monat hier geblieben, um meine Arbeit hier zu vollendenWedekind beendete seine Monstretragödie „Die Büchse der Pandora“ erst in London [vgl. KSA 3/II, S. 833]; er reiste am 23.1.1894 von Paris ab nach London.; da ich nicht weiß, ob ich in London sofort wieder die angenehme Ruhe finde. Ende dieses Monats werde ich aber auf jeden Fall hinübergehen. Außer mit der alten Herwegh, bei der ich jeden zweiten AbendWedekind suchte Emma Herwegh bereits unmittelbar nach seiner Ankunft in Paris am 5.9.1893, auf: „Ich frühstücke im Duval am Boulvard St Michel und gehe nach Tisch zu Frau Herweg. Sie ist die sichtliche Freude wie sie mich wiedersieht. Mlle Read war bei ihr“ [Tb]. Auch für den 8.9. („Bis Mitternacht sitze ich bei der alten Herweg“) und den 10.9.1893 („Ich lege mich aufs Bett und schlafe bis sieben, gehe dann zu Tisch und nachher an Leib und Seele bankerott zu Frau Herwegh“) sind Besuche im Tagebuch verzeichnet, das dann bis Anfang 1894 unterbrochen ist. zu Gaste bin, und einem Kreis französischer Schriftsteller, die ich zwei Mal die Woche bei einer Freundin Mlle. ReadDie Schriftstellerin Louise Read, die in Paris einen Salon führte, war Wedekinds Tagebuch zufolge „die intimste Freundin von François Coppé“ [Tb, 21.12.1892]; bei ihr begegnete er außerdem dem Dramatiker Claude Coutourier [vgl. Tb, 3.12.1894]. treffe, habe ich hier kaum mit einer Menschenseele verkehrt.

Es freut mich, daß du deinen PlanArmin Wedekind plante einen längeren Amerika-Aufenthalt und wollte vorher seinen Bruder in London besuchen. verfolgst. Wenn wir uns im Frühling in London treffen, werden wir einander doch vielleicht wieder besser kennen lernen, als es bei zehnmaligem Wiedersehen in Zürich möglich wäre. Ich bin hier unter fremden Menschen ein ernsterer Mensch als in Zürich, und du wirst es ja wahrscheinlich auch sein. Meine Pläne für die Zukunft werden sich aus der Nothwendigkeit zu leben ergeben. Ich habe jetzt verschiedenes in die Welt gesetzt, was mir diese Nothwendigkeit bedeutend erleichtern kann. Im Uebrigen freue ich mich auf den Kampf.

Verzeih meine schlechte Feder, ich schreibe im Café. Grüße Emma bitte herzlich von mir. Mit den besten Wünschen für das Wohlergehen des KleinenArmin und Emma Wedekinds drittes Kind Eva, das hier gemeint sein dürfte, war am 30.7.1893 geboren. und mit bestem Dank im voraus Dein treuer Bruder
Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Sonstiges:
Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Als Empfangsort wird Armin Wedekinds Wohnort angenommen.

  • Schreibort

    Paris
    10. Oktober 1893 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Paris
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Zürich
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
262-263
Briefnummer:
107
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Armin (Hami) Wedekind, 10.10.1893. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

11.09.2023 17:13