Lieber Franklin!
Soeben erhalte ich den Zeddelin der Schweiz verbreitete Schreibweise für ‚Zettel‘. Ein Zettel lag dem Brief nicht bei, wie aus der Antwort Wedekinds hervorgeht., den ich bei lege. Ich habe,
da ich kein Exemplar hier habe, geantwortet, Du werdest Herrn Mayer u Zellerder 1780 gegründete Verlag Meyer und Zeller in Zürich, der seit 1879 von dem Verlagsbuchhändler Heinrich Reimmann (Rathausquai 20) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1894, Teil I, S. 317] unter Beibehaltung des Namens geführt wurde und der ihn am 1.5.1894 verkaufte; das Branchenblatt meldete für „Heinrich Reimmann in Zürich“ die „käufliche Abtretung seiner unter der Firma Heinrich Reimmann, vormals Meyer und Zeller’s Verlag betriebenen Verlagsbuchhandlung“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 126, 4.6.1894, S. (3395)]. Möglicherweise hatte Wedekind bei seinem Besuch im Sommer in Zürich Kontakt mit dem Verleger aufgenommen. „Wedekind war mit dem Verkauf seines ‚Frühlings Erwachen‘ durch den Zürcher Verlag Jean Groß unzufrieden und wartete auf Zahlungen aus den ihm zustehenden Erträgen und reiste deshalb nach Zürich. Da keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, suchte er Groß das Verlagsrecht an dem Buch zu entziehen“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S.165]. Erschienen ist die zweite Auflage von „Frühlings Erwachen“ 1894 bei Caesar Schmidt in Zürich [vgl. KSA 2, S. 772].
selber umgehend ein „Frühlingserwachen“ schicken u ihnen auch die verlangten
Titel der anderen Sachen angeben. Der Bursche, der geschickt wurde, wollte das
Buch baar bezahlen.
Wir haben, d. h. Emma, der Bub u ich, uns einen kleinen
Aufenthalt am Thuner|see bei Fürsprech(schweiz.) Anwalt. MützenbergAugust Mützenberg, Rechtsanwalt und Hotelier in Spiez am Thunersee, Bruder von Armin Wedekinds Freund und Kollegen Ernst Mützenberg, mit dem er gemeinsam das Schlosshotel Schonegg betrieb [vgl. Schweizerisches Handelsamtsblatt, Jg. 11, Nr. 77, 27.3.1893, S. (1)]. erlaubt u daselbst angenehme
Tage erlebt.
Diesen Winter soll nun noch gehörig englisch studirt werden
und es ist nicht unwahrscheinlich, daß ich Dich im künftigen Januar in London
aufsuchen werde, wenn ich wenigstens dazu komme, mein a/A/merikaner
ProjectArmin Wedekind erwog nach den USA-Reisen seiner Brüder William (1886 bis 1888) und Donald Wedekind (1889) ebenfalls einen längeren Aufenthalt in Amerika, eventuell sogar eine Auswanderung, was aber nicht zustande kam [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 6.3.1894]. auszuführen.
Soviel in Eile. Da ich nicht weiß, ob Du Dich noch in Paris
aufhälst, bin ich in einiger Unruhe, ob Dich der Brief findet. Auch ohne daß/s/
wird es mich sehr freuen, etwas von Dir | und Deinen Plänen für die nächste
Zukunft zu hören.
Mit herzlichem Gruß
Dein
Armin.