VERLAG „DIE
FACKEL“
HERAUSGEBER KARL KRAUS
WIEN, IV. SCHWINDGASSE 3.
Wien, 19. Februar
1906
Lieber verehrter Freund!
Für die entzückenden VerseWedekind hatte das Manuskript seines Gedichts „Die Wetterfahne“ geschickt [vgl. Wedekind an Karl Kraus, 15.2.1906]. sage ich
Ihnen schönsten Dank. Sie kamen für Nr 196 um ein paar
Stunden zu spät; werden in Nr 197 erscheinenDas Gedicht erschien in dieser Nummer der „Fackel“ [vgl. Frank Wedekind: Die Wetterfahne. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 197, 28.2.1906, S. 13].. Bitte grüßen
Sie Tilly Newes und Ruch bestens. Ich danke allen für die lieben Kartengrüßeauf einer Bildpostkarte [vgl. Hans Richard Weinhöppel, Tilly Newes (Wedekind), Frank Wedekind an Karl Kraus, 16.2.1906]..
Zur Frage der Fragenzu Berthe Marie Denks Gesundheitszustand, nach dem Wedekind sich erkundigt hatte [vgl. Wedekind an Karl Kraus, 15.2.1906].: Ich sah ...Berthe Marie Denk, deren Namen Karl Kraus im Unterschied zu Wedekind nicht schreibt. seit Weihnachten nicht
mehr. Dann wieder, da ich von ihrer gefährlichen Erkrankung verständigt wurde,
vom Tage nach ihrer Rückkehr aus BerlinBerthe Marie Denk, die Wedekind in Berlin besucht hatte, war am 14.1.1906 „sterbenskrank [...] nach Wien“ [Tb] zurückgereist und traf dort am 15.1.1906 ein. jeden Tag im SanatoriumBerthe Marie Denk wurde am 15.1.1906 in das Wiener Sanatorium Dr. Anton Loew (Wien IX, Mariannengasse 20) gebracht [vgl. Ottilie Weißhappel an Wedekind, 15.1.1906 und 16.1.1906], wo sie bis zum 4.2.1906 blieb [vgl. Ottilie Weißhappel an Wedekind, 12.2.1906].. Dann auch noch
dreimal in ihrer WohnungBerthe Marie Denk wohnte Wien V, Kettenbrückengasse 21.. Seit Samstag, 10. Februar habe ich sie nicht mehr
gesehen. Ich war also bei ihr in den Tagen schwerer
Krankheit. Als ich sie zuletzt sah, gieng es ihr schon sehr gut, jetzt –
wenngleich sie vielleicht noch liegen muss – jedenfalls ausgezeichnet. Mehr
kann ich Ihnen über dieses Thema nicht schreiben. Sagen: wenn Sie
glauben, dass wir uns auch in dieser Erkenntnis finden oder verstehen
werden. | Mindestens möchte ich Ihnen beweisen, dass in diesem Falle, soweit es
auf mich ankam, „Weib und FreundschaftBriefzitat: „das Weib und die Freundschaft“ seien „keine guten Freunde“ [Wedekind an Karl Kraus, 15.2.1906] – zugleich Anspielung darauf, dass Berthe Marie Denk eine Liebesbeziehung mit Wedekind und eine mit Karl Kraus hatte.“ immer gute Freunde geblieben
sind. Und – dass wir damalszur Zeit der von Karl Kraus veranstalteten Premiere von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ am 29.5.1905 und der Wiederholungsvorstellung am 15.6.1905 in Wien (Wedekind spielte die Rolle des Jack, Karl Kraus die des Kungu Poti). wirklich die Büchse der Pandora gespielt
haben ... Ich werde wahrscheinlich nächster Tage in Berlin zu thun haben. Sind
Sie dort?
Mit den allerherzlichsten Grüßen
ganz der Ihre
Karl Kraus