BerlinWedekind war seit dem 18.5.1889 in Berlin [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 19.5.1889]., 26.V.1889.
Lieber Bruder!
Sollte sich indessen vielleicht das Papierein Staatsangehörigkeitsattest im Original [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 3.7.1889], da Frank Wedekinds Vater amerikanischer Staatsbürger war. Anfang Juli 1889 musste er Berlin wieder verlassen. gefunden
haben? Wenn nicht, dann sieh doch bitte noch einmal zu. Nimm mir dieses
Ansuchen nicht übel. Ich bedarf seiner nämlich hier, da man des kleinen
BelagerungszustandesBezeichnung eines Ausnahmezustands aufgrund § 28 des Sozialistengesetzes vom 21.10.1878, der es unter anderem ermöglichte, „Personen, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist“ [Reichs-Gesetzblatt, Nr. 34, Berlin 1878, S. 357], kurzerhand auszuweisen. Dieser Ausnahmezustand galt für maximal ein Jahr und musste dann verlängert werden. In Berlin geschah dies regelmäßig seit dem 29.11.1878. wegen eine Bescheinigung deponiren muß. Sollte das Suchen
wiederum vergeblich sein, dann schreib mir bitte sofort, damit ich mich nach
Lenzburg wende.
Berlin wirkt
geistig und körperlich totschlagend. München ist das reine Phäakennestin Anlehnung an die griechische Mythologie galten als Phäaken im übertragenen Sinne, Menschen die geruhsam und in behaglichem Wohlstand lebten. dagegen,
in Kunst und Leben. Die Menschheit wimmelt hier täglich auf allen Straßen, wie
in Zürich am Sechseläutentraditionelles Zürcher Volksfest zum Frühlingsbeginn am ersten Montag nach der Tag- und Nachtgleiche, beginnend mit dem Glockenläuten des Grossmünsters um 18 Uhr.. In der Oper war ich verschiedentlich dank den
liebenswürdigen Freibillets von Frl. Herzog.Die schweizerische Opern- und Konzertsängerin Emilie Herzog, Verlobte von Wedekinds Freund Heinrich Welti, war seit März 1889 am Königlichen Hoftheater Berlin engagiert. Wedekind erhielt von ihr an seinem Ankunftstag in Berlin am 18.5.1889 eine Freikarte zu Mozarts Oper „Die Entführung aus dem Serail“ (1782), in der sie die Constanze sang [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 19.5.1889]. – – –
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Berlin hat mindestens ein halbes
Dutzend Theater, auf denen so gut gespielt wird wie auf dem Residenztheater in
München. Für Museen etc. hab ich noch keine Muße gefunden.
Also bitte such
noch einmal nach und schreib mir recht bald.
Dein treuer
Bruder
Franklin.