Spiez, den
7.IX.88.
Lieber Bruder!
Ich weiß nicht ob diese meine Antwort auf Deinen
eben angelangten Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Armin Wedekind, 6.9.1888. Dich heute noch erreichen wird. Trotzdem lege ich die
gewünschte Empfehlungnicht überliefert. Dr. Heinrich Stickelberger war seit 1880 Deutschlehrer am Gymnasium in Burgdorf. Dorthin wechselte Donald Wedekind zum Winterhalbjahr 1888, nachdem er zunächst die 1. Klasse der Kantonsschule in Aarau besucht und eine in Livorno begonnene kaufmännische Lehre abgebrochen hatte [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 145]. für Dr.
Stickelberg bei. Ob derselbe Vater geworden weiß ich nicht, er verheirathete sich vor | 4/5/
– 6 Jahren mit einer Baslerin. Seither habe ich über ihn sehr wenig mehr gehört
u bin deshalb nicht einmal sicher ob er noch in Burgdorf ist oder nicht. Andere Professoren in
Burgdorf kenne ich gar nicht. Dagegen den Besitzer einer ApothekeDie Presse berichtete: „Dem Hrn. Karl Kasser von Niederbipp, welcher ein eidgenössisches Diplom vorgewiesen und die Apotheke Lüdi in Burgdorf übernimmt, wird die Bewilligung zur Ausübung des Apothekerberufs erteilt.“ [Der Bund, Jg. 38, Nr. 181, 3.7.1887, S. 2] Als Apotheker in Burgdorf ist Kasser seit 1888 verzeichnet [vgl. Bernischer Staats-Kalender 1888/89, S. 163]. Vertreten wurde er vermutlich regelmäßig während seiner mehrwöchigen Ausbildungsabschnitte beim Militär, die er 1890 als einer der „Lieutenants (Apotheker)“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 70, Nr. 210, 29.7.1890, 2. Blatt, S. (2)] an der Offiziersbildungsschule II in Basel abschloss. Kasser
der vor 4/3/ Jahren in Bern studirte u den Sohn aus einem Drogueriegeschäft Ly Lüdi, der
ebenfalls | Apotheker jetzt den erstgenannten im Geschäfte vertritt. Vielleicht
kannst Du von ihnen etwas Brauchbares erfahren. Ich lege eine Empfehlung an Lüdy bei, weil ich glaube, daß
Kasser noch nicht in Burgdorf ist. –
Für Miezes Bronchialkatarrh ist die Mixtur nach
beiliegendem RezeptDie Beilage ist nicht überliefert. vielleicht gut. Hilft’s nicht so soll sie zum Doctor gehen u die | Sache nicht
vernachlässigen. Mama kannst Du sagen, daß meine/sie/ mir nach der
allarmirendenSchreibversehen, statt: alarmirenden. Nachricht über Fischersein Angestellter auf Schloss Lenzburg. „steife Hand“ wohl auch einige Worte über den Fortgang dieser Sache
hätte schreiben dürfen. Sie soll dann so gut sein u mir etwa 2 Hemden, einige
Paar Socken, Kragen u Unterhemden hieher schicken, wenn sie gewaschen sind. –
Der Aufenthalt hier obenim Berner Oberland in Spiez am Thunersee; Armin Wedekind vertrat hier regelmäßig seinen Studienfreund Ernst Mützenberg, während dessen Militärdienstverpflichtungen in dessen Arztpraxis. ist sehr schön u
interessant.
Mit herzlichem Gruß Dein
Armin.