S.H.
Herrn
Frank Wedekind
Berlin W.
a./Anhalter
Bahnh. Hotel
Excelsior |
Abs: Wedekind Prinzregentenstr. 50
München. |
31.III.17 Samstag.
Liebster, gesternam 30.3.1917; der Jour fixe bei Anna Langheinrich (geb. von Seidlitz) fiel an diesem Freitag aus. fand kein Thee bei Frau Langheinrich
statt. Frau Dressler wusste es nicht u. wollte mich abholen. Ich bat sie dann
bei mir zu essen, aber sie wollte mir nichts „wegessen“. Wir giengenSchreibversehen, statt: gingen. also in
die Torggelstube essen. Es war niemand Bekannter da, wir unterhielten | uns
aber recht gut, sie ist eine famose Frau.
Heute war Frau Kyser mit ihren Kindern da u. Frau B. Wedell. AbendsDie mit Tanzeinlagen versehene Vorstellung von Lion Feuchtwangers nach indischer Vorlage geschriebenen Stücks „Der König und die Tänzerin. Ein Spiel in vier Akten. Nach dem Indischen des Kalidasa“ (1917), soeben im Georg Müller Verlag erschienen, am 31.3.1917 in den Münchner Kammerspielen unter der Regie von Wolff von Gordon mit Musik von Carl von Pidoll und einem Bühnenbild von Leo Pasetti begann um 19.30 Uhr „in 5 Bildern“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 70, Nr. 163, 31.3.1917, General-Anzeiger, S. 2]; die weibliche Hauptrolle der Tänzerin Malavika, seit der Uraufführung am 5.3.1917 mit Lilly Freud besetzt, spielte nun erstmals Lisa Kresse (siehe unten).
war ich in „Der König u. die Tänzerin“. Frl. KresseLisa Kresse (Hohenzollernstraße 59), Tochter des Münchner Malers und Grafikers Oswald Richard Kresse, war neuerdings Mitglied im Ensemble der Münchner Kammerspiele [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 522]. Sie spielte am 31.3.1917 in „Der König und die Tänzerin“ (siehe oben) erstmals die weibliche Hauptrolle der Sklavin und Tänzerin Malavika, wie die Presse meldete: „Kammerspiele. Samstag wird in ‚Der König und die Tänzerin‘ die Rolle der ‚Malavika‘ von der Tänzerin und Schauspielerin Frl. Lisa Kresse, einer Schülerin von Frau Sent M’ahesa, dargestellt.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 70, Nr. 162, 30.3.1917, Abend-Ausgabe, S. 3] Lisa Kresse war nicht nur eine Schülerin der für ihre altägyptischen Tänze gefeierten Ausdruckstänzerin Sent M’Ahesa (Else von Carlberg), sondern sie hatte mit Pamela Wedekind dem vorliegenden Brief zufolge auch Tanzunterricht bei Anna Ornelli (Anna Hörnlein) gehabt, der Solotänzerin des Münchner Hofballetts [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 517]., die mit
Pamela bei Frl. Ornelli StundeTanzstunde. hatte, spielte u. war entzückend! Ich war wirklich
hingerissen von ihr; Du musst sie Dir ansehen. Überhaupt ist die Aufführung
sehr hübsch. Vielen Dank für Deine liebe Kartevgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 29.3.1917., wir freuen uns schon sehr auf Deine
RükkehrSchreibversehen, statt: Rückkehr.! Innigst Deine Tilly