HÔTEL BLAUER STERN
CARL SELTMANN.
TELEGRAMM-ADRESSE:
STERNHÔTEL PRAG.
PRAGWedekind befand sich auf einer Lesereise, zu der er am 26.2.1910 von München aufgebrochen war (sie führte ihn nach Wien, Olmütz, Prag, Teplitz und Dresden); er traf am 4.3.1910 um 15 Uhr zu seinem „Vortrag in Prag“ [Tb] ein, der um 19.30 Uhr im Hotel Central stattfand: „Heute abends pünktlich ½8 Uhr findet im Zentral-Hotelsaale die einzige Vorlesung Frank Wedekind aus eigenen Werken statt.“ [Prager Tagblatt, Jg. 34, Nr. 63, 5.3.1910, Morgen-Ausgabe, S. 8], 6.III.10.
Mein lieber MartensKurt Martens lebte seinerzeit in Loschwitz bei Dresden und ist dort unter zwei Adressen verzeichnet – Bergstraße 1 [vgl. Adreßbuch für Dresden und seine Vororte 1910, Teil VI, S. 273] und Schillerstraße 24 [vgl. Kürschners Literaturkalender auf das Jahr 1910, Teil II, Sp. 1043].!
Ich
danke Dir für das BuchHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung (oder eine Widmung im Buch); erschlossenes Korrespondenzstück: Kurt Martens an Wedekind, 30.1.1910. Wedekind bedankt sich für den bei Egon Fleischel & Co. in Berlin verlegten Band „Drei Novellen von adeliger Lust“ (1909), der die Novellen „Die Panacee des Lebens“, „Der Emigrant“ und „Caritas Mimi“ enthält – die erste dieser Novellen, deren Titel Wedekind im vorliegenden Brief nicht nennt, hat er in einem früheren Brief sehr gelobt [vgl. Wedekind an Kurt Martens, 15.1.1910]; der Freund war dann am 16.1.1910 in München bei ihm zu Besuch – „Zum Abendessen kommt Martens“ [Tb] – und dürfte ihm den Band nach seiner Rückkehr nach Loschwitz bald zugeschickt haben, vermutlich mit einer Widmung. und
beglückwünsche Dich herzlich zu
Caritas Mimi über das ich gerne mit
Dir sprechen möchte. Auch
Der Emigrant ist ein Juwel aber
Caritas MimiDie Novelle aus dem Band „Drei Novellen von adeliger Lust“ (siehe oben) ist in der gedruckten Widmung der Buchausgabe des Einakters „In allen Wassern gewaschen“ (1910) – „Kurt Martens dem Dichter von ‚Caritas Mimi‘ gewidmet“ [KSA 7/I, S. 65] – besonders hervorgehoben [vgl. KSA 7/II, S. 667, 690, 802] und 1914 auch in die Edition des Schauspiels „Schloß Wetterstein“ in den „Gesammelten Werken“ aufgenommen [vgl. KSA 7/I, S. 158; KSA 7/II, S. 693].
scheint mir für Dich ein Wendepunkt.
Ich komme
am 8.Frank Wedekind traf im Zuge seiner Lesereise (siehe oben) am 8.3.1910 in Dresden ein, wo er zunächst seine Schwester Erika Wedekind besuchte – „Fahrt nach Dresden. Besuch bei Mietze“ [Tb] – und dann abends Kurt Martens traf (siehe unten). Nachmittag nach
Dresden, werde dann meine
Schwester aufsuchen
und mache Dir | den Vorschlag, daß wir
e/e/ventuell
auch
Herr v. d. GablenzGeorg von der Gabelentz war Schriftsteller in Dresden (Lukasstraße 6) [vgl. Kürschner Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1910, Teil II, Sp. 473], zugleich Rittmeister und Großherzoglich Sächsischer Kammerherr [vgl. Adreßbuch für Dresden 1910, Teil I, S. 218]. Er war am 8.3.1910 abends im Weinrestaurant Zum neuen Palais de Saxe (Neumarkt 9) [vgl. Adreßbuch für Dresden 1910, Teil III, S. 461] mit dabei, wo Wedekind sich mit Kurt Martens, dem Chefredakteur der „Dresdner Neuesten Nachrichten“ Julius Ferdinand Wollf und seinem Schwager Walther Oschwald traf: „Mit Martens Gablenz Wollf und Walter im Hotel d. Saxe.“ [Tb] uns um
10 Uhr22 Uhr. im
Palais de Saxe treffen, da Du doch
am 9.Kurt Martens war am 9.3.1910 verhindert, als Wedekind um 20 Uhr im Künstlerhaus auf Einladung der Buchhandlung Carl Tittmann in Dresden – angekündigt war: „Frank Wedekinds einmaliger Vortragsabend findet heute abend 8 Uhr im Künstlerhause statt. (Karten in Carl Tittmanns Buchhandlung, Prager Straße 19, und an der Abendkasse.)“ [Dresdner Nachrichten, Jg. 54, Nr. 67, 9.3.1910, S. (4)] „Auf den einmaligen Vortragsabend, den Frank Wedekind nächsten Mittwoch, abends 8 Uhr, veranstaltet, sei nochmals aufmerksam gemacht“ [Literarische Veranstaltungen der Tittmannschen Buchhandlung im Künstlerhause. In: Dresdner Nachrichten, Jg. 54, Nr. 64, 6.3.1910, S. (4)] – sein Drama „Die Büchse der Pandora“ vorlas: „Abends Vortrag d. B. d. Pandora.“ [Tb] Er las das ganze Stück: „Der zehnte Literarische Abend der Tittmannschen Buchhandlung brachte gestern noch ein Erlebnis: Frank Wedekind las die jüngste (dritte) Fassung des zweiten Teils seiner Lulu-Tragödie, die ‚Büchse der Pandora‘ vor. [...] Jedenfalls aber lebt in den Resultaten dieser Versuche Wedekinds ein Stück Zeitausdruck, wie ihn in dieser Intensität zurzeit kaum ein Zweiter in Deutschland zu geben hat, und innerhalb des mit Ereignissen nicht gerade gesegneten Dresdner Winters war dieser Vortrag Frank Wedekinds eines der bedeutsamsten. Bedauerlich war nur, daß Wedekind nicht von vornherein seine Absicht, das ganze Werk vorzutragen, mitteilte, so daß ein Teil der Zuhörer bereits in der Pause nach dem zweiten Akt den Saal verließ.“ [P.F.: „Die Büchse der Pandora.“ Vorlesung Frank Wedekind. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Jg. 18, Nr. 67, 11.3.1910, S. 1-2]. Eine von der Buchhandlung Carl Tittmann in Dresden (Prager Straße 19) [vgl. Adreßbuch für Dresden 1909, Teil V, S. 62] veranstaltete Lesung war zuerst für den 5.4.1909 in Aussicht genommen worden [vgl. Wedekind an Emil Gutmann, 19.1.1909]. nicht frei bist. Gieb mir
bitte Nachricht nach
Webers Hotel ob es Dir so paßt. Ich freue mich sehr
Dich wiederzusehen. Später wird es kaum möglich sein, da ich
am 10.Wedekind notierte am 10.3.1910 vormittags seine Rückfahrt nach München und beendete damit seine Lesereise (siehe oben): „Um 11 Uhr Abfahrt nach München“ [Tb]. früh nach
München zurück möchte.
Mit besten Grüßen und der Bitte mich Deiner verehrten
Frau Gemahlin zu
empfehlen Dein
Frank Wedekind.