15.IV.16.
Nachmittag.
Mein innigst geliebter Frank,
heute Mittag kam Deine liebe, von mir heißersehnte Kartevgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 14.4.1916.!
Ich kann nicht verlangen, dass Du mir täglich schreibst. Aber ruhiger bin ich
schon, wenn ich auch nur paar Zeilen von Dir bekomme. Ich freue mich sehr
darüber, dass Du schöne Vorstellungen gesehen hast u. ich hoffe, dass Du nun
auch | angenehme Gesellschaft findest. Wirst Du die Eysold nicht sehen oder
Adele? Fräulein Marion war gestern
abends bei mir. Wir unterhielten uns sehr angeregt; sie ist ein ganz
gescheidtesSchreibversehen, statt: gescheites. Mädchen u. hat ihr Leben sehr tapfer in die Hand genommen. Das
gefällt mir sehr an ihr.
Nächste Woche werde ich wohl die Baronin WedellLida von Wedell sollte Tilly Wedekind porträtieren [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 13.4.1916] – sie zeichnete sie dann dem Tagebuch zufolge am 2.5.1916 („Lydia von Wedel macht Zeichnung von Tilly“) und 3.5.1916 („Die B. Wedel zeichnet Tilly“). Lida von Wedell zeichnete aber auch Frank und Tilly Wedekind, darunter Karikaturen zu ihren Auftritten in „Marquis von Keith“ und „Hidalla“, zeitgenössisch veröffentlicht zum Auftakt des Wedekind-Zyklus vom 9.6.1916 bis 6.7.1916 an den Kammerspielen des Deutschen Theaters zu Berlin [vgl. Wedekind in der Karikatur. Zum Gastspiel Frank und Tilly Wedekinds im Deutschen Theater in Berlin. Zeichnungen von Lida Baronin v. Wedell, München. In: Der Welt-Spiegel. Illustrierte Halbwochenschrift des Berliner Tageblatts, Nr. 48, 15.6.1916, S. 3]. sehen. |
II. Jetzt will ich die Zeitungen
lesen u. um 6 Uhrum 18 Uhr. Tilly Wedekind besuchte mit ihrer Tochter Pamela am 15.4.1916 eine nicht öffentliche Tanzveranstaltung von Hilde (Hilly) Pariser, Tochter des befreundeten Ehepaars Erna und Ludwig Pariser. gehe ich mit Pamela zur Hilly.
Ich langweile mich absolut nicht, im Gegentheil die
Zeit ist immer zu kurz.
Das Geld hast Du bekommen? Pamela brachte sehr gute Noten |
heim u. ein Fleißbillet. Bis 1. Mai haben sie Ferien. Am Montag kommen einige
Freundinnen zu ihr. Die Kleine klopfte neulich bei Dir an u. sagte: „Bitte,
Papa komm’ zu Tisch.“ Sie dachte nicht daran dass Du fort bist.
Sei innig von mir geküsst Geliebter!
Deine Tilly