Dienstag
abends.
13.X.14.
Innigst geliebter Frank,
noch immer keine Nachricht! Ich grüble nach was wohl die Schuld
sein könnte! Ich habe Dir täglich lieb u. herzlich geschrieben. Habe Dir auch
Einiges nachgeschickt, unter anderm einen Brief
aus Österreichnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Unbekannt an Wedekind, 10.10.1914 (Absender nicht ermittelt).. Er kam offen hierher„Woran Tilly Wedekind vielleicht nicht dachte, war, dass Briefe, vor allem, wenn sie aus dem Ausland eintrafen, während des Krieges von der staatlichen Postüberwachung geöffnet wurden. Dadurch verzögerte sich oft die Zustellung im In- und Auslandsverkehr.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 272f.], war
vielleicht nicht richtig | zugeklebt, so steckte ich das Couvert zusammen u.
schickte es weiter. Wenn vielleicht das der Grund ist, weiß ich nicht mehr was
ich sagen soll! – Hier sind hauptsächlich Drucksachen für Dich da; ausser dem
erwähnten, geschlossenen Brief von Berlinnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Unbekannt an Wedekind, 11.10.1914 (Absender nicht ermittelt). wä/noc/h 2 anderenicht überlieferte Briefe; erschlossene Korrespondenzstücke: Gustav Müllerheintz an Wedekind, 12.10.1914 und Bayerische Vereinsbank an Wedekind, 12.10.1914. – Gustav Müllerheintz war Direktor des Neuen Schauspielhauses in Königsberg [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1915, S. 468], das er am 3.10.1914 eröffnet hatte; er war der Nachfolger von Josef Geißel. Die Bayerische Vereinsbank hatte ihren Sitz in München (Promenadestraße 14) [vgl. Adreßbuch für München 1915, Teil I, S. 40] und verwaltete das Konto „Ehrengabe Frank Wedekind“ (siehe unten).n;
einem/r/ vom Schauspielhaus in Königsberg,
einem/r/ von der Bayrischen Bank. |
II.
Auf die beiden hatte ich schon die Adresse geschrieben, als mir einfiel, dass
ich sie nicht geschlossen schicken kann. Da es aber beide Geschäftsbriefe
waren, öffnete ich sie. Privatbriefe würde ich nicht öffnen. Der Director aus Königsberg schreibt dass er krank u.
daher Deine Vorrede„nicht einwandfrei zu ermitteln. Möglicherweise könnte es sich um die ‚einleitenden Worte‘ Wedekinds, ‚Deutschland bringt die Freiheit‘, handeln, die er anlässlich der ‚Vaterländischen Feier‘ in den Münchner Kammerspielen am 18.9.1914 vorgetragen hatte“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 273]. nicht halten konnte. Die Bayrische
| Bank wartet auf Deine Bestimmung wegen des RestesRestsumme des für die Ehrengabe zu Wedekinds 50. Geburtstag (siehe unten) auf das hierfür eingerichtete Konto bei der Bayerischen Vereinsbank eingegangenen Gesamtbetrags. „Die eingelaufene Summe von 6433 Mark gab Wedekind zu gleichen Teilen an Georg Busse-Palma, Peter Altenberg, Franz Evers, Hanns v. Gumppenberg, Arno Holz und Paul Scheerbart“ [Kutscher 3, S. 175f.]. der Ehrengabe Frank
WedekindDer zuerst in der „Zukunft“ (später noch in weiteren Zeitschriften) erschienene Aufruf zu einer Geldsammlung als Ehrengabe zu Wedekinds 50. Geburtstag lautete: „Am vierundzwanzigsten Juli 1914 wird Frank Wedekind fünfzig Jahre alt. Um diesem Dichter, der als einer unserer bedeutendsten Dramatiker um die Freiheit seines Schaffens bis auf den heutigen Tag schwer kämpfen und leiden mußte, einen schwachen Entgelt hierfür und besonders ein Zeichen öffentlicher Verehrung zu bieten, hat sich das unterzeichnete Komitee gebildet. An alle Freunde der Persönlichkeit und des Werkes von Frank Wedekind ergeht die Bitte, sich durch Stiftung einer Summe zu der geplanten Ehrengabe, die dem Dichter an seinem Geburtstag überreicht werden soll, an dieser Feier zu betheiligen und in ihren Kreisen dafür zu wirken. Die Zahlung der Beiträge, zu denen das Komitee mit tausend Mark den Grund gelegt hat, wird an das Check-Konto ‚Ehrengabe Frank Wedekind‘ der Bayerischen Vereinsbank in München, Promenadestraße 1, erbeten. Quittung über die Beiträge erfolgt im ‚Neuen Merkur‘ (Verlag Georg Müller) und im ‚Zwiebelfisch‘ (Verlag Hans von Weber). Herbert Eulenberg. Maximilian Harden. Friedrich Kayßler. Thomas Mann. Kurt Martens. Georg Müller. Baron von Putlitz, General-Intendant. Felix Salten. Hans von Weber.“ [Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 35, 30.5.1914, S. 303] . Ich dachte Beides sei nicht eilig, besonders weil ich hoffte,
Nachricht zu bekommen wann Du kommst. Das sind nun 4 Tage u. ich habe noch
keine.
Ich bitte Dich inständig um Nachricht, so ist das Leben unerträglich.
Küsse von den Kindern u. mir.
In Liebe
Tilly