ELITE HOTEL
BERLIN N.W.
AM BAHNHOF FRIEDRICHSTR.
29.8.13.
Innigst geliebte Tilly!
Die erste ProbeFrank Wedekind, der am 28.8.1913 zu einem „Franziska“-Gastspiel vom 5. bis 29.9.1913 (25 Vorstellungen) an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin von München abgereist ist (er führte die Regie und spielte die Rolle des Veit Kunz, Tilly Wedekind die Titelrolle), notierte unter dem 29.8.1913: „Arrangierprobe von Franziska“ [Tb]. ist vorbei. Natürlich waren nicht die Hälfte
erschienen und wurde ununterbrochen umbesetzt. Aber es scheint trotzdem gut zu
gehen. Jedenfalls gab es keinen Krach. Nachher hatten wir Konferenz Wedekind hatte die Besprechung am 29.8.1913 für sein Gastspiel (siehe oben) mit dem „Mitarbeiterstamm Max Reinhardts am Deutschen Theater in Berlin“ [KSA 7/II, S. 1222], mit Edmund Reinhardt, Bruder Max Reinhardts und administrativer Leiter des Deutschen Theaters, mit dem Dramaturgen Arthur Kahane, mit Othmar Keindl, Direktionssekretär und Bürochef, sowie mit dem Regisseur und Schauspieler Albert Blumenreich [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 304f.].mit Edmund
Reinhardt Kahane und Keindl und Blumenreich. Von anderen Stücken, die wir
spielen sollen war nicht die Rede. Ich brachte natürlich nicht das Gespräch
darauf. Edmund schien froh als ich erklärte, die Premiere brauche nicht
ver|schoben zu werden. Dürfte ich also bitten, die KostümeDie Kostüme für „König Nicolo“ und „Erdgeist“ wurden dann nicht benötigt, da beide Stücke im Rahmen des Gastspiels 1913 nicht zur Aufführung kamen. für König Nicolo so
einzupacken, daß sie nachgeschickt werden können. Ebenso, was du für „Erdgeist“ brauchst.
Dann bitt ich noch eins: In meinem Schreibtisch in der obersten
Schublade links Rechts liegen mein
Termin-KalenderWedekinds Tagebuch, in Agenden angelegt. und mein Ausgaben BuchWedekinds Kontobuch.. Wolltest du mir bitte beides in einem Kuvert
schicken. Und dann in der mittleren Schreibtischschublade liegt in einer weißen
Blech Zigarettenschachtel die goldene Uhr die ich in NürnbergWedekind war zuletzt vom 16. bis 28.5.1912 in Nürnberg, ein Gastspielaufenthalt. kaufte. Wolltest
Du sie mir bitte mitbringen (ohne Kette) Meine Uhr, die ich hier habe ist so
gelb, daß ich sie in | den Kammerspielen schwerlich brauchen kann.
Die FahrtWedekind reiste dem Tagebuch zufolge am 28.8.1913 mit dem Nachtzug ab („Abfahrt von München“) und traf am 29.8.1913 in Berlin ein („Ankunft in Berlin“), um gleich an der ersten Probe für das „Franziska“-Gastspiel teilzunehmen (siehe oben). war ruhig und angenehme ich schlief aber erst gegen morgen ein. Der Zug stand schon bereit als ich
gestern zum Bahnhof kam. Du wirst also gut thun, nicht später von Hause wegzufahren
wenn Du mit dem gleichen Zug fährst.
Sollte Dich mein BruderArmin Wedekind hatte angekündigt, mit seiner Tochter Lilli auf der Durchreise zur Schwester Erika Wedekind nach Dresden in München Station zu machen – in der Zeit vom 31.8.1913 bis 3.9.1913 [vgl. Armin Wedekind an Frank Wedekind, 22.8.1913]. auffordern, irgendwo auswärts mit ihm
zusammen zukommenSchreibversehen, statt: zusammenzukommen., so würde mich das sehr freuenSchreibversehen (vergessener Punkt am Satzende), statt: freuen. Ich halte es für vernünftiger
als wenn Du Dir zuhaus die Mühe einer Gesellschaft auflädtst.
Küsse die Kinder von mir. Mit innigstem Kuß
Dein
Frank