Königreich Bayern
Postkarte
Frau
Tilly Wedekind
im Steinbrüchli
Lenzburg
Ct. Aargau Schweiz
Geliebteste Tilly, herlichenSchreibversehen, statt: herzlichen. Dank für Deine Kartenvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.7.1912 und 9.7.1912. von Sonntag
und Dienstag. Ich freue mich, daß es Euch Allen gut geht. Endlich kann man hier
im Freien baden. Montag Nachmittagam 8.7.1912, an dem Wedekind seinen Besuch mit Kurt Martens im Ungererbad notierte: „Nach Tisch treffe ich Martens, gehe mit ihm ins Café dann Baden.“ [Tb] traf ich Kurt Martens und ging mit ihm ins Ungererbad. Am Abend waren wir im Krokodil1911 haben Artur Kutscher, Karl Henckell und Hubert Wilm die Stammtischrunde „das ‚Junge Krokodil‘“ gegründet, „eine harmlose Gelegenheit zu regelmäßigen, ungezwungenen Zusammenkünften mit Gleichgesinnten“; man traf sich im Münchner Ratskeller, „dienstags, später montags von 8½ bis mindestens zur letzten Trambahn“ [Kutscher 1960, S. 67f.], also von 20.30 Uhr bis tief in die Nacht., wo aber Kutscher fehlteWedekind notierte am 8.7.1912: „Abend im Krokodil. Kutscher nicht anwesend. In d. T.St. erzählt Mühsam daß seine Stellung an der Universität erschüttert sei.“ [Tb] Dr. phil. Artur Kutscher, Privatdozent an der Münchner Universität, wo er im Sommersemester 1912 eine Lehrveranstaltung „Lenz – Grabbe – Wedekind“ abhielt [vgl. Verzeichnis der Vorlesungen an der Ludwig-Maximilians-Universität zu München im Sommer-Semester 1912. München 1912, S. 24], hatte dort Konflikte mit der Philosophischen Fakultät, was er am 10.6.1912 Erich Mühsam erzählt hat: „Kutscher erzählte Langes und Breites über Schwierigkeiten mit seiner vorgesetzten Behörde. Man hat ihm verboten, über Wedekind zu lesen, und jetzt hat eine Kontroverse zwischen Studenten seines Seminars im Anschluß an das Erler Passionsspiel, wobei sich Juden und Christen in ihrem religiösen Empfinden gegenseitig verletzten und dann verprügelten, zu seiner Vorladung vor den Rektor geführt. Kutscher fürchtet im Ernst für seinen Lehrstuhl. Er war sehr aufgeregt.“ [Tb Mühsam, 11.6.1912]. Mühsam
erzählte, man wolle ihn aus der Universität hinauswerfen. | Ich lese sehr viel
und war schon in vier GemäldeausstellungenWedekind besuchte dem Tagebuch zufolge am 6.7.1912 („Nachmittag in der Sezession“) die Ausstellung des Vereins Bildender Künstler Münchens e.V. „Secession“ im Kunstausstellungsgebäude (Königsplatz 1), am 7.7.1912 („Nachmittag in der Ausstellung im Glaspalast“) die Jahresausstellung der Münchner Künstlergenossenschaft im Glaspalast, am 9.7.1912 („Gallerie Tannhäuser“) die Moderne Galerie (Theatinerstraße 7), geführt von Heinrich Thannhauser, am 10.7.1912 („Gallerie Brackl“) die Gemäldesammlung von Franz Joseph Brakl (er gründete mit Heinrich Thannhauser die Moderne Galerie und führte sie mit ihm zusammen bis 1909) in Brakl’s Moderner Kunsthandlung (Goethestraße 64).. Von Gutmann und Frankfurter erhalte
ich täglich Briefenicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Emil Gutmann an Wedekind, 9.7.1912 (und wohl mindestens ein weiterer verschollener Brief); Eugen Frankfurter an Wedekind, 9.7.1912 (und wohl mindestens ein weiterer verschollener Brief)., öffne sie aber nicht. Gutmann schrieb ichvgl. Wedekind an Emil Gutmann an Wedekind, 10.7.1912., der Arzt habe es mir verboten. Einen sehr lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Eduard und Mathilde Newes an Wedekind, 9.7.1912. erhielt
ich von Deinen Eltern, die uns zum Berliner Gastspiel beglückwünschenzum Erfolg von Frank und Tilly Wedekinds Gastspiel am Deutschen Theater zu Berlin vom 1. bis 16.6.1912.. Soweitab hier mit Tinte geschrieben (Mitteilungstext vom 11.7.1912).
hatte ich gestern Abend geschrieben, ging danSchreibversehen, statt: dann. in die Torggelstube, wo ich
Waldau, Albu und den jungen Grafen KeyserlingWedekind notierte am 10.7.1912 seinen Besuch in der Torggelstube, wo er außer Gustav Waldau und Eugen Albu den jungen Schriftsteller Paul von Keyserling (Neffe von Eduard von Keyserling) traf (da als ‚jung‘ charakterisiert): „T.St. mit Waldau Albu und Graf Keyserling“ [Tb]. traf, mit denen ich die
Tagesereignisse besprach.
Also auf Wiedersehn am Montag. Wenn Du noch Geld brauchst
schreib es mir. Mit herzlichsten Grüßen an alle siebenEmilie Wedekind, Erika Wedekind (Mieze), deren Tochter Eva Oschwald, die Kinder Pamela und Kadidja Wedekind, Anna (Ännchen) Wedekind, das Kindermädchen Anna Wölfel.
umarmt und küßt Dich Dein
Frank.