Kennung: 3494

München, 10. Juli 1912 - 11. Juli 1912, Postkarte

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

Königreich Bayern
Postkarte


Frau Tilly Wedekind
im Steinbrüchli
Lenzburg
Ct. Aargau Schweiz


Geliebteste Tilly, herlichenSchreibversehen, statt: herzlichen. Dank für Deine Kartenvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.7.1912 und 9.7.1912. von Sonntag und Dienstag. Ich freue mich, daß es Euch Allen gut geht. Endlich kann man hier im Freien baden. Montag Nachmittagam 8.7.1912, an dem Wedekind seinen Besuch mit Kurt Martens im Ungererbad notierte: „Nach Tisch treffe ich Martens, gehe mit ihm ins Café dann Baden.“ [Tb] traf ich Kurt Martens und ging mit ihm ins Ungererbad. Am Abend waren wir im Krokodil1911 haben Artur Kutscher, Karl Henckell und Hubert Wilm die Stammtischrunde „das ‚Junge Krokodil‘“ gegründet, „eine harmlose Gelegenheit zu regelmäßigen, ungezwungenen Zusammenkünften mit Gleichgesinnten“; man traf sich im Münchner Ratskeller, „dienstags, später montags von 8½ bis mindestens zur letzten Trambahn“ [Kutscher 1960, S. 67f.], also von 20.30 Uhr bis tief in die Nacht., wo aber Kutscher fehlteWedekind notierte am 8.7.1912: „Abend im Krokodil. Kutscher nicht anwesend. In d. T.St. erzählt Mühsam daß seine Stellung an der Universität erschüttert sei.“ [Tb] Dr. phil. Artur Kutscher, Privatdozent an der Münchner Universität, wo er im Sommersemester 1912 eine Lehrveranstaltung „Lenz – Grabbe – Wedekind“ abhielt [vgl. Verzeichnis der Vorlesungen an der Ludwig-Maximilians-Universität zu München im Sommer-Semester 1912. München 1912, S. 24], hatte dort Konflikte mit der Philosophischen Fakultät, was er am 10.6.1912 Erich Mühsam erzählt hat: „Kutscher erzählte Langes und Breites über Schwierigkeiten mit seiner vorgesetzten Behörde. Man hat ihm verboten, über Wedekind zu lesen, und jetzt hat eine Kontroverse zwischen Studenten seines Seminars im Anschluß an das Erler Passionsspiel, wobei sich Juden und Christen in ihrem religiösen Empfinden gegenseitig verletzten und dann verprügelten, zu seiner Vorladung vor den Rektor geführt. Kutscher fürchtet im Ernst für seinen Lehrstuhl. Er war sehr aufgeregt.“ [Tb Mühsam, 11.6.1912]. Mühsam erzählte, man wolle ihn aus der Universität hinauswerfen. | Ich lese sehr viel und war schon in vier GemäldeausstellungenWedekind besuchte dem Tagebuch zufolge am 6.7.1912 („Nachmittag in der Sezession“) die Ausstellung des Vereins Bildender Künstler Münchens e.V. „Secession“ im Kunstausstellungsgebäude (Königsplatz 1), am 7.7.1912 („Nachmittag in der Ausstellung im Glaspalast“) die Jahresausstellung der Münchner Künstlergenossenschaft im Glaspalast, am 9.7.1912 („Gallerie Tannhäuser“) die Moderne Galerie (Theatinerstraße 7), geführt von Heinrich Thannhauser, am 10.7.1912 („Gallerie Brackl“) die Gemäldesammlung von Franz Joseph Brakl (er gründete mit Heinrich Thannhauser die Moderne Galerie und führte sie mit ihm zusammen bis 1909) in Brakl’s Moderner Kunsthandlung (Goethestraße 64).. Von Gutmann und Frankfurter erhalte ich täglich Briefenicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Emil Gutmann an Wedekind, 9.7.1912 (und wohl mindestens ein weiterer verschollener Brief); Eugen Frankfurter an Wedekind, 9.7.1912 (und wohl mindestens ein weiterer verschollener Brief)., öffne sie aber nicht. Gutmann schrieb ichvgl. Wedekind an Emil Gutmann an Wedekind, 10.7.1912., der Arzt habe es mir verboten. Einen sehr lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Eduard und Mathilde Newes an Wedekind, 9.7.1912. erhielt ich von Deinen Eltern, die uns zum Berliner Gastspiel beglückwünschenzum Erfolg von Frank und Tilly Wedekinds Gastspiel am Deutschen Theater zu Berlin vom 1. bis 16.6.1912.. Soweitab hier mit Tinte geschrieben (Mitteilungstext vom 11.7.1912). hatte ich gestern Abend geschrieben, ging danSchreibversehen, statt: dann. in die Torggelstube, wo ich Waldau, Albu und den jungen Grafen KeyserlingWedekind notierte am 10.7.1912 seinen Besuch in der Torggelstube, wo er außer Gustav Waldau und Eugen Albu den jungen Schriftsteller Paul von Keyserling (Neffe von Eduard von Keyserling) traf (da als ‚jung‘ charakterisiert): „T.St. mit Waldau Albu und Graf Keyserling“ [Tb]. traf, mit denen ich die Tagesereignisse besprach.

Also auf Wiedersehn am Montag. Wenn Du noch Geld brauchst schreib es mir. Mit herzlichsten Grüßen an alle siebenEmilie Wedekind, Erika Wedekind (Mieze), deren Tochter Eva Oschwald, die Kinder Pamela und Kadidja Wedekind, Anna (Ännchen) Wedekind, das Kindermädchen Anna Wölfel.
umarmt und küßt Dich Dein
Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent. Empfängeradresse in lateinischer Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift. Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hoch- und Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Postkarte ist mit einer aufgedruckten und einer aufgeklebten Briefmarke von je 5 Pfennig frankiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Schreibdatum ist durch den Inhalt der Postkarte belegt.

Uhrzeit im Poststempel München: „3 – 4 N“ (= 15 bis 16 Uhr).

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
231-232
Briefnummer:
352
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 10.7.1912 - 11.7.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

03.01.2024 16:34