T. W.
Lenzburg,
Samstag.
6.VII.12.
Geliebtester Frank,
nur noch rasch paar Zeilen, ich muss noch bischen an die
Luft. Heute hat es wieder geregnet, der gestrige Tag war wie ausgesucht für’s
Jugendfest. Wir waren schon um ½ 8 Uhr in der Kirche, sahen
nachher den Zug, dann giengen wir zu Tisch. Nach Tisch gieng ich mit AnnaAnna Wölfel, „das Münchner Kindermädchen.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 125] u.
den beiden Kindern nach dem Festzug auf die Schü|tzen Matte„nordöstlich der Lenzburger Innenstadt gelegene Freifläche, traditionell als Festplatz des Jugendfestes genutzt.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 190]. Anna Pamela hat
getanzt und fuhr Carussel, wir sahen das Manöver an, nun Du kennst es ja u.
kannst Dir denken wie glücklich Anna Pamela war. Auch das Kleine hüpfte vor
Freude.
Ich traf die junge Frau ZweifelGattin eines der zwei Söhne des Gründers der Malaga-Kellereien in Lenzburg Alfred Zweifel; die Söhne waren Alfred Zweifel (Sohn), verheiratet mit Else Zweifel (unklar, seit wann; vor 1920), und der jüngere Carl Zweifel, 1921 Heirat mit Barbara (Betty) Hermle, der weniger in Betracht kommt. mit Mann u. Kind, Frau Dr. Hämerli
mit KinderSophie Haemmerli (geb. Marti) hatte vier Töchter., Henckell’s, es war sehr nett! Zum Schluss gab’s leider eine
aufgeregte Scene. Anna Pamela u. ich hatten uns verloren u. sie war nach Hause
gelaufen. Ich war natürlich sehr ängstlich. | Gottlob war nichts passiert. Ich
sah mir nach dem Abendessen noch das Feuerwerk an, Anna Pamela war schon sehr
müde u. gieng vorher zu Bett. Dann gieng ich auch schlafen. Ännchen hat noch
lange im Gemeinde Saal getanzt. Wie es morgen wegen Luzern wird, weiß ich noch
nicht. Die Züricher sollen nun eventuell morgen in 8 Tagen kommen, wenn sie’s
nicht wieder verschieben.
Frau Henckell fragte mich gestern nochmals, doch lehnte ich ab,
| weil ich ja nicht wusste, ob Dir’s recht ist. Vielleicht sehe ich sie heute
noch.
Nun lebwohl, Anna Pamela muss auch noch baden.
Alle lassen Dich vielmals grüßen.
Innigste Küsse Dir Geliebter
von Deiner
Tilly
Innigsten Dank für Deinen lieben Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 5.7.1912 (Brief).; wenn ich mich leicht
aufrege ist das kein Wunder, bei allem was wir schon erlebt haben. Gerade der
zu wenigen Nachrichten wegen. Mit Mieze werde ich mich schon vertragen Du
brauchst keine Angst zu haben.
Innigst Tilly