Lieber Walther,
gestern Abendam 3.9.1900. fand ich deinen freundlichen Briefvgl. Walther Oschwald an Wedekind, 1.9.1900.
vor, nachdem ich Dir schon am Nachmittag aus dem Kaff Café geschrieben
hattevgl. Wedekind an Walther Oschwald, 3.9.1900.. Wie Du ersiehst habe ich an die 200 M.Walther Oschwald hatte Wedekind im März 200 Mark geliehen [vgl. Walther Oschwald an Wedekind, 19.3.1900]. selbstverständlich auch gedacht. Ich bitte Dich auf
meinen Vorschlag einzugehen und sie sofort abzuziehenvon dem von Walther Oschwald zugesagten Darlehen über 3000 Mark, das Wedekind von ihm erbeten hatte, da sich die erwartete Erbschaft weiterhin verzögerte. Zu der langwierigen Erbschaftsangelegenheit siehe die vorangehende Korrespondenz Wedekinds mit seinem Schwager Walther Oschwald seit dem 6.1.1900., denn ich fürchte nichts
mehr als eine neue Verzögerung. Es warten bei mir hundert bis zweihundert | Briefe,
sämmtlich geschäftlichen Inhalts auf Beantwortung. Schon vor drei Wochen
erhielt inSchreibversehen, statt: ich. von Wien aus den Antrag, Chefredacteur des dortigen KikerikiDie illustrierte Wiener Satirezeitschrift „Kikeriki. Humoristisches Volksblatt“ (Herausgeber und Chefredakteur: Josef Strecha) hatte eine stark antisemitische und nationalistische Ausrichtung. zu
werden. Ich kann nicht daran denken die Stellung anzunehmen, obschon sie pecuniärfinanziell, Gelddinge betreffend.
gut bedacht ist, weil sich die Richtung des Blattes mit meinen politischen
Anschauungen und mit meiner sonstigen Production nicht deckt. Ich hoffe
indessen immer noch, für Donald etwas dabei herauszuschlagen; wie aber die
Dinge momentan liegen habe ich den Leuten auf ihre wiederholten Anfragen noch
nicht mit einer Sylbe geantwortet. |
Was die Zinsen betrifft, so würden sie bei 2 % zu
denen Du mir Deine Liebenswürdigkeit anbietest voraussichtlich nur 10 bis 15 Mk betragen, bei 7 %, die ich
Dir geboten habe 35 bis 52 Mk. Das ist ein Unterschied, der indessen bei der Wichtigkeit die eine rasche
Erledigung der Sache für mich hat, nicht wesentlich bei mir in die Wagschale
fallen kann und da in den PapierenWedekind hatte nach der telegraphischen Darlehenszusage durch Walther Oschwald [vgl. Walther Oschwald an Wedekind, 3.9.1900], sofort die Vorbereitung und Versendung der notwendigen Unterlagen veranlasst [vgl. Wedekind an Walther Oschwald, 3.9.1900] und erst danach von den geänderten Bedingungen aus Walther Oschwalds letztem Brief erfahren [vgl. Walther Oschwald an Wedekind, 1.9.1900]. nun einmal 7 % angeführt sind, so bitte ich
Dich, dieses Unterschiedes wegen die Angelegenheit sich nicht verzögern zu
lassen.
Daß ich die Kosten für die Transaction trage ist
selbstverständlich. Sollten außer dem Porto noch sonstige Kosten für Dich
daraus in Dresden erwachsen, so bitte ich um gütige Mittheilung. | Heiliger ist
von meinem Rechtsanwalt gestern bereits von der CessionAbtretung – als Sicherheit für das Darlehen, trat Frank Wedekind das zu erwartende Erbe an seine Schwester Erika Wedekind ab. benachrichtigSchreibversehen, statt: benachrichtigt. Die Korrespondenz zwischen den Rechtsanwälten Hugo Wolff und Hans Heiliger ist nicht überliefert. worden.
Es freut mich sehr a/z/u hören daß es Mama
besser geht. Sie hat gerade jetzt, auf den Winter hin am meisten Ursache sich
zu schonen und vorsichtig zu sein. Grüße sie aufs herzlichste von mir und suche
mich meines langen Schweigens wegen bitte bei ihr zu entschuldigen durch die
Umstände in denen ich momentan lebe.
Mit den besten Wünschen für Dich und Deine liebe
Frau bin ich Dein
getreuer
Frank Wedekind.
München, den 4. September 1900.