Lieber Walther,
ich danke dir für deine AufklärungHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben Walther Oschwalds; erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Oschwald an Wedekind, 22.5.1900.. Du nennst es v/f/rivol,
daß ich dir nicht vorher über die Angelegenheitendie Frage, ob Wedekind und seine Geschwister getauft seien [vgl. Wedekind an Walther Oschwald, 18.5.1900] und so ihre Identität in einer aktuellen Erbschaftsangelegenheit gegenüber dem Nachlassverwalter, dem Rechtsanwalt Hans Heiliger in Hannover, nachweisen können (siehe die vorangehende Korrespondenz Wedekinds mit seinem Schwager seit dem 6.1.1900). geschrieben; aber wie sollte
ich dazu kommen, da ich mir denken muß daß du alles das am allerbesten von Mama
selbstEmilie Wedekind hielt sich seit der Geburt ihrer Enkelin Eva Oschwald bei ihrer Tochter Erika und ihrem Schwiegersohn Walther Oschwald in Dresden auf. erfährst. Dann bitte ich dich zu bedenken, daß mir Heiliger nichts von
einem Taufregister schriebnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hans Heiliger an Wedekind, 6.4.1900. sondern mir die blanke Mittheilung machte, daß | er
durch Dich wisse wir seien in der Gartenkirche getauftIm Unterschied zu Frank Wedekind war seine Schwester Erika getauft worden. Die Taufe erfolgte am 23.10.1869 in der Gartenkirche in Hannover mit den Taufzeuginnen Friedrike Kettler, Auguste Bansen und Anna Wallmann, wie das Geburts- und Taufbuch der Kirche verzeichnet [vgl. Kreter 1995, S. 78]. Dieser Umstand war Wedekind offenbar unbekannt. worden. Übrigens hätte
auch dieses Mißverständnis keinerlei Verdacht in mir aufkommen lassen, wäre
nicht noch die kindische Hebammengeschichtevgl. Wedekind an Walther Oschwald, 18.5.1900. dazu gekommen. Am besten ist es
natürlich wenn Mama nichts davon erfahren hat. Dir gegenüber, aber nur
dir gegenüber, muß ich zu meiner Entschuldigung anführen, daß gebrannte Kinder
das Feuer scheuen. Sollte Mama von dem Inhalt unserer Corresponz/d/enz
Kenntnis erhalten haben, | dann werde ich die Sache nach Kräften wieder gut zu
machen suchen.
Sage Mieze bitte meine herzlichsten Gratulationen
zu ihren großen Erfolgen in WiesbadenErika Wedekind war als Sopranistin bei den Wiesbadener Maifestspielen in Daniel-François-Esprit Aubers „Fra Diavolo“ aufgetreten: „Eine reiche Ernte begeisterten Beifalls heimste Frau Erika Wedekind ein, die uns als Zerline mit dem Perlenregen ihrer leichtflüssigen Coloratur freigebigst überschüttete. Mit geschmackvoller Decenz führte sie uns die pikante Auskleidescene vor Augen und war ganz das liebenswürdige, heiter lebendige Persönchen, das dem Componisten vorgeschwebt, wenn die Erscheinung auch nicht völlig dem Bilde entsprach, das wir uns von Zerline zu machen pflegen.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 94, Nr. 261, 24.5.1900, 3. Beilage, S. 4299] Außerdem wurde sie „vom Kaiser durch die persönliche Ueberreichung eines Armbandes ausgezeichnet“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 121, Nr. 147, 28.5.1900, Erstes Abendblatt, S. 2]..
Mit herzlichem Gruß Dein
Frank.