Kennung: 3130

Graz, 26. Mai 1908 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Dienstagder 26.5.1908..


Mein lieber, guter Frank,

Sonntag war allerdings ein schlechter Tag u. hat München wohl deshalb keinen angenehmen Eindruck auf Dich gemacht. Hier ist’s auch trüb, wir gehen aber trotzdem aus, auch bin ich öfter eingeladen u. nehme dann das Kind mit. Im Theater sah ich Halbe’s „Jugend“. Ich schrieb es Dir am selben Tag in einem Kartenbriefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 20.5.1908.. Du hast ihn wohl nicht so genau gelesen. |

Gestern war ich wieder im TheaterIm Theater am Franzensplatz in Graz fand am 25.5.1908 ein „Gastspiel der japanischen Tragödin Hanako“ – das war der Künstlername der japanischen Schauspielerin und Tänzerin Ota Hisa – „mit ihrer Gesellschaft“ statt, die in zwei Einaktern auftrat; im Anschluss wurde ein Einakter von Felix Dörmann gespielt: „Zur Aufführung gelangen: Otake. Drama in einem Akte von Loi-Fu. Im Teehause. Drama in einem Akt von Loi-Fu. Hierauf: Der Mäcen. Aus dem Einakter-Zyklus ‚Das stärkere Geschlecht‘ von Felix Dörmann. Spielleiter: Karl Staub.“ [Grazer Tagblatt, Jg. 18, Nr. 144, 25.5.1908, Abend-Ausgabe, S. 12] Der „sehr lebhafte Vorverkauf“ [Grazer Volksblatt, Jg. 41, Nr. 239, 24.5.1908, Morgen-Ausgabe, S. 7] der Veranstaltung wurde von der Presse konstatiert, die auf die Veranstaltung am ersten Abend gleichwohl nochmals hinwies: „Die japanische Tragödin Hanako beginnt heute mit ihrer Gesellschaft im Theater am Franzensplatz ihr interessantes Gastspiel. Zu den zwei japanischen Dramen wird sich der von einheimischen Kräften gespielte Dörmann’sche Einakter ‚Der Mäzen‘ gesellen.“ [Grazer Tagblatt, Jg. 18, Nr. 144, 25.5.1908, Abend-Ausgabe, S. 3] u. zw. bei der „Hanako“. Du wirst denken, ich unterhalte mich nur immerzu. Ich war von einer bekannten Dame u. ihrer Tochternicht identifiziert. eingeladen. Die Japaner waren recht interressantSchreibversehen, statt: interessant.; dann wurde noch ein sehr netter Einacter von Dörrmann dazu gegeben.

Wenn Du nun beim Arzt warst, dann schreibe mir aufrichtig was er gesagt hat. Wenn wir uns nicht wohl fühlen, werden wir uns gegenseitig das Leben schwer machen, das wäre ganz natürlich. Und dazu sind wir | uns doch zu lieb. Wenn es Dir aber gut geht, vielleicht lässt sich in München selbst etwas machen. Ich denke bei der AustellungSchreibversehen, statt: Ausstellung; die Architektur- und Kunstgewerbe-Ausstellung vom 16.5.1908 bis 31.10.1908 in München („Ausstellung München 1908“). könnte Stollberg doch froh sein, noch einige interressanteSchreibversehen, statt: interessante. Gäste zu haben. Und vielleicht wird doch die Wohnung früher leer. Du wirst ja gestern u. heute über das alles, vielleicht genaueres erfahren haben u. bist so lieb mir darüber zu schreiben. Ich gehe nicht ungern nach Berlin zurück, ich möchte nur nicht gern, dass ich mit Kind u. Kegel | die weite u. teure Reise dahin mache, um dann vielleicht in ein paar Wochen wieder wandern zu müssen. Wenn sich für diesen Sommer noch Gastspiele machen lassen, gienge das nicht auch schriftlich von München aus?

Du brauchst Dich meinethalben in Deinen Beschlüssen nicht zu überstürzen, eine Weile lässt es sich hier noch aushalten. – Gestern abend hab’ ich noch einen langen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 25.5.1908. an Dich geschrieben, Geliebter, ich schicke ihn Dir nicht, werde ihn Dir aber geben, wenn wir wieder zusammen sind.

In innigster Liebe Deine Tilly


Anna Pamela schickt viele Küsse. Allen grüßen Dich.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13 x 17 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat auf Seite 1 mit rotem Buntstift „Graz“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Schreibdatum ist durch den Briefinhalt belegt.

  • Schreibort

    Graz
    26. Mai 1908 (Dienstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Graz
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
109-111
Briefnummer:
148
Kommentar:
Im Erstdruck ist der Brief mit 2 Seiten Brieftext wiedergegeben, der zu dem Brief vom 18.7.1907 gehört.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 26.5.1908. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

16.09.2023 15:47