REGINA-PALAST-HOTEL
MÜNCHEN
MAXIMILIANSPLATZ
Meine geliebteste Tilly!
Ich danke Dir herzlich für Deinen ausführlichen Brief vom Donnerstagvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 21.5.1908..
Du schreibst mir aber nicht einmal, was Du im Theater gesehen hast. Ich kam
heute morgen hier anWedekind notierte am 24.5.1908: „Ankunft in München. Palasthotel.“ [Tb] und fand München naßkalt und unfreundlich. Sollte in Graz
das Wetter ebenso umgeschlagen haben, dann kann dir der Aufenthalt kein großer
Genuß mehr sein und Anna Pamela könnte sich | erkälten. Ich kann heute Sonntag
leider die Zeit zu nichts verwenden. Wenn ich morgen beim Wiegen merke daß ich
noch zugenommen habe und der Arzt auch nicht viel zu sagen hat, dann kann ich
wann Du willst nach Berlin. Sobald das Wetter schlecht ist muß es in Graz doch
sehr unbequem für dich werden. Ich möchte hier nur noch auch mit
Stollberg sprechenWedekind notierte am 27.5.1908 das Gespräch mit dem Direktor des Münchner Schauspielhauses Georg Stollberg: „Unterredung mit Stollberg.“ [Tb] um zu erfahren, wann und in was die Berliner gastieren. Ich
sprach in Wien auch am vorletzten Abendam 21.5.1908, an dem Wedekind sich in Wien mit Josef Jarno getroffen hat, Direktor des Theaters in der Josefstadt und des Lustspieltheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1909, S. 652, 656]. noch mit Jarno. Er möchte daß Du im HerbstTilly Wedekind sollte die Rolle des jungen Hermann Casimir im „Marquis von Keith“ spielen; eine Inszenierung des Stücks kam im Herbst 1908 bei Josef Jarno, Direktor des Theaters in der Josefstadt und des Lustspieltheaters in Wien, nicht zustande.
Hermann Casimir bei ihm spielst. | Du fragst nun freilich warum wir jetzt,
Anfang Sommers, durchaus wieder nach Berlin sollen. Wenn Du etwas besseres
weißt, dann mache mir bitte Deine Vorschläge. Für mich kommt der Aufenthalt geschäftlich
in Betracht, vielleicht auch für Gastspiele. Ich denke natürlich nicht im Traum
daran, daß wir den ganzen Sommer dort bleiben sollen. Morgen erfahre ich hier
vielleicht auch, wann das argentinische KonsulatIn der großen Wohnung im 3. Stock der Prinzregentenstraße 50, die Wedekind dem Tagebuch zufolge am 18.4.1908 gemietet hat („Wohnung gemietet Prinzregentenstraße 50“), war das „Konsulat v. Argentinien (Kanzl.)“ [Adreßbuch für München 1908, Teil II, S. 394] ansässig (Sitz des argentinischen Vizekonsuls Apollo Geiger): „Kanzlei: Prinz-Regentenstraße 50 3. An Werktagen geöffnet v. 11-12 Uhr.“ [Adreßbuch für München 1908, Teil III, S. 8] unsere Wohnung räumt. Das wird
für unsere Beschlüsse sehr wichtig sein. |
Nun leb wohl, liebe Tilly; ich bleibe hier gewiß nicht
länger als nötig, denn ich freue mich sehr, endlich wieder mit Dir zusammen zu
sein.
Küsse Anna Pamela von mir. Grüß Deine l Lieben.
Es küßt Dich in Liebe.
Dein Frank
Sonntagder 24.5.1908. 5.8.