HOTEL TEGETTHOFF, I., JOHANNESGASSE 23, WIEN.
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TEGETTHOFFHOTEL, WIEN.
Geliebte Tilly!
ich war gestern Abendam 26.4.1908, an dem Wedekind seine Abreise von Graz um 17 Uhr, sein Hotel in Wien (Briefkopf des vorliegenden Briefs) und seinen Besuch im Deutschen Volkstheater (Direktion: Adolf Weisse), wo er vom 9. bis 22.5.1908 ein Gastspiel als vermummter Herr in „Frühlings Erwachen“ zu absolvieren hatte und gemeinsam mit Wolfgang Quincke die Regie führte [vgl. KSA 2, S. 964], notierte: „Vier Uhr fahr ich nach Wien. Hotel Tegethoff Theater“ [Tb]. noch im Theater und erfuhr dort daß heuteam 27.4.1908, an dem Wedekind seinen Besuch der Dekorationsprobe für die Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ im Deutschen Volkstheater notierte: „Im Theater.“ [Tb]
nur Dekorationsprobe sei, saß dann allein bei in der Tabakspfeifedas Restaurant Zur großen Tabakspfeife (Wien I, Graben 29, Ecke Goldschmidtgasse 7a), Besitzer: Alois Lackner; „gegründet 1616. Rendezvous aller Fremden. Ältestes Restaurant Wiens von historischer Bedeutung.“ [Lehmanns Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Wien 1908, Bd. 1, Teil IV, S. 1397]. Wedekind notierte am 26.4.1908: „Tabakspfeife“ [Tb]. und
Cafe Fortelnydas Kaffeehaus Fortelny (Wien I, Kolowratring 2, Ecke Johannesgasse 18), Inhaberin: Emilie Fortelny [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Wien 1908, Bd. 1, Teil IV, S. 861]. Wedekind notierte am 26.4.1908: „Cafe Fortenly“ [Tb]. beim Hotel. Die Dekorationsprobe
fand heute statt. Direktor Weiße kommt erst übermorgen. Jetzt bin ich eben in
Begriff in einen VortragWedekind notierte am 27.4.1908: „Abends Kürenberger-Vortrag von Hermann Bahr.“ [Tb] Hermann Bahr hielt um 19.30 Uhr im Saal des Ingenieur- und Architektenvereins (Wien I, Eschenbachgasse 9) auf einem vom Wiener Verein für Kunst und Kultur veranstalteten „Kürnberger-Abend“ [Wiener Zeitung, Nr. 97, 26.4.1908, S. 8], an dem Otto Erich Deutsch und Olga Bauer mitwirkten, einen Vortrag „Geglaubt und vergessen“ [vgl. Neues Wiener Journal, Jg. 16, Nr. 5215, 28.4.1908. S. 4] über den österreichischen Dichter Ferdinand Kürnberger, jenes „meisterhaft gelesenen Feuilletons ‚Geglaubt und vergessen‘“ [Neue Freie Presse, Nr. 15693, 29.4.1908, Morgenblatt, S. 10], das vor einiger Zeit bereits in der „Neuen Freien Presse“ erschienen sein soll. von Hermann Bahr zu gehen und | werde voraussichtlich
nachher mit ihm zusammensein. Wegen der Post habe ich nach München geschriebenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Pension Fernsemer, 27.4.1908. Wedekind hat vor seiner Abreise zu den Gastspielen in Graz und Wien vom 14. bis 21.4.1908 in der Münchner Pension Fernsemer (Ohmstraße 1) logiert, geleitet von Konstantine Fernsemer, „Pensionsinhaberin“ [Adreßbuch für München 1908, Teil II, S. 362], und dürfte die Pension um Nachsendung seiner Post nach Wien gebeten haben..
Ich werde hier Zensur lernenWedekind lernte die Rolle des Walter Buridan aus „Die Zensur“. und möchte gerne unsere beiden Scenen in 3 und 4
Aktdie Szenen III/10 und IV/3 aus „Erdgeist“ mit Dr. Schön und Lulu [vgl. KSA 3/I, S. 456-461, 463f.]. „Erdgeist“ neu inscenieren damit wir auf jeden Fall darin etwas besonderes
zu geben haben.
Pfleg Dich gut, geliebte Tilly!
Sag Deinen Lieben meinen aufrichtigen Dank für die Herzlichkeit mit der Sie uns
auf|genommen haben.
Willst Du nicht vielleicht ein Paar Zeilen an Frau DeutschFrank Wedekind kannte Lili Deutsch, Gattin des Mitbegründers und Direktors der AEG in Berlin Felix Deutsch und Freundin Walther Rathenaus und Maximilian Hardens, seit Herbst 1905. Er war dem Tagebuch zufolge am 27.2.1907 mit Tilly Wedekind in Berlin bei ihr eingeladen („Abends mit Tilli bei Lili Deutsch in großer Gesellschaft“), dann am 26.6.1907 („Kammersänger Rabbi Esra. Nachher bei Lili Deutsch“), am 7.12.1907 („Abend bei Deutsch in Gesellschaft mit Tilly“), am 19.2.1908 („Große Gesellschaft bei Deutsch“) und am 4.3.1908 („Abends bei Lili Deutsch“). Der genaue Anlass für einen an Lili Deutsch zu schreibenden Brief ist unklar. Es könnte das 25jährige Jubiläum der AEG gewesen sein, zu dem Maximilian Harden am 17.4.1908 Walther Rathenau gratulierte und dabei auch die gemeinsame Freundin erwähnte: „Frau Lili, die Arme, leidet noch immer. [...] Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum der A.E.G.“ [Hellige 1983, S. 548] schreiben?
Sie schreibt sich mit einem L: Lili, Rauchstraße 16.
Ich hoffe, daß wir uns bald wiedersehn aber Du mußt die Zeit
aus nützenSchreibversehen, statt: ausnützen. um Dich zu erholen.
In inniger Liebe
Dein
Frank
27.4.8.