Lieber
Frank Wedekind,
Geliebter Cäsar!
Ich bin im Begriffe eine größere ReiseBerthe Marie Denk reiste nach Italien, wo sie teilweise mit Karl Kraus zusammen war [vgl. Fischer 2020, S. 1045], mit dem sie „einige Tage [...] in Rom verbracht“ [Nottscheid 2008, S. 155f.] hat. zu machen u. habe
daher sehr wenig Zeit, will Dir aber doch noch vorher schreiben, damit Du
siehst wie sehr ich Deiner gedenke! Ich habe Dir nur aus | Klosterneuburg u.
Pressburg Karteneine Postkarte aus Klosterneuburg [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] und eine Bildpostkarte aus Preßburg [vgl. Karl Kraus, Carl Leopold Hollitzer, Ernst von Lieben, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] – dies als Antwort auf Wedekinds Brief [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 3.9.1905]. geschickt, zus in
Budapest war ich ja gar nicht! ‒
Ich habe mich in Pressburg mit Kraus furchtbar gestritten u. bin bös auf ihn! ‒ Du irrst sehr wenn Du
meinst, dass ich Dich weniger liebe, ‒
im Gegenteil, ‒
aber ich habe jetzt so wenig Zeit zum schreiben, weil ich immer bei der
Schneiderin bin, wegen der Herbst|toilettenelegante Herbstkleider.! NeulichRichard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ stand am 3.9.1905 (Sonntag) auf dem Programm des Wiener Hofoperntheaters ‒ unter den Sängern war Richard Mayr [vgl. Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 243, 3.9.1905, S. 50], den Berthe Marie Denk 1917 heiratete: „Kammersänger Richard Mayr, der Bassist der Wiener Hofoper, hat sich mit einer Wiener Fabrikantenstochter, Frl. Denk, vermählt.“ [Salzburger Volksblatt, Jg. 47, Nr. 149, 3.7.1917, S. 3] war ich in „Meistersinger“,
‒ einfach
phänomenal!
‒‒‒
Was gibt’s Neues in München! Ich lese in der/einer/ Wr Zeitungdas „Neue Wiener Tagblatt“ – andere Wiener Zeitungen haben über die Uraufführung des Dramas „Andrea del Sarto“ (1905) von Paul Brann (frei bearbeitet nach Alfred de Musset) am 2.9.1905 im Münchner Residenztheater, bei der Margarete Swoboda die Rolle der Lucretia (die Gattin der Titelfigur) spielte [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 409, 2.9.1905, General-Anzeiger, S. 3], ähnlich berichtet, aber keine Namen genannt, so etwa die „Wiener Zeitung“ [vgl. Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, Jg. Nr. 202, 4.9.1905, S. 7]. Die Meldung lautet: „Aus München wird uns telegraphiert: Im hiesigen Residenztheater wurde die Uraufführung des dreiaktigen Dramas ‚Andrea del Sarto‘ von Paul Brann, eine poetische Umarbeitung nach Alfred de Musset, in einer vorzüglichen Besetzung mit Herrn Monnard und Fräulein Swoboda in den Hauptrollen unter Savits Regie freundlich aufgenommen. Der Autor konnte vom zweiten Akt an wiederholt erscheinen.“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 244, 4.9.1905, S. 10] Berthe Marie Denk ist der Münchner Hofschauspielerin Margarete Swoboda [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182] während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet, wie Wedekind im Tagebuch notierte („Bertha Maria bei mir. [...] Dann zu Basil. Grete Swoboda“). dass Frl Swoboda in
Andrea del Sarto einen kolossalen Erfolg hatte! So
eine Kuh!
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Wie geht ’es denn dem alten Professornicht eindeutig; vermutet wurde die Bezeichnung als „Spitzname für Friedrich Basil, Wedekinds Schauspiellehrer“ [Waldmann 1996, S. 119]. Berthe Marie Denk ist Fritz Basil, Regisseur und Hofschauspieler in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182], ebenfalls während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet.! Grüsse ihn doch von
mir! ‒
Herzlichst
Berthe Maria.