Lieber
Frank Wedekind,
Ich war bis dato so sehr mit allen möglichen Angelegenheiten
beschäftigt, dass ich absolut noch nicht dazu kamn Dir für Deine beiden
Briefenicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Wedekind an Berthe Marie Denk, 8.7.1905 und 9.7.1905. zu danken. Der Erste hat sich mit meinem gekreuztein Brief von ihr [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905] mit einem Brief von ihm [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 8.7.1905].! ‒ Wie geht es Dir, lieber
Bräuti|gam? Bitte sei so gut u. gehe mir in München auf das HauptpostamtIm Postamt München 1 (Residenzstraße 2) befand sich nicht nur die Briefpostabteilung oder die Paketpostabteilung, sondern auch das „Bureau für postlagernde Sendungen“ [Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil III, S. 93]. u. frage ob etwas für Marie Denk poste restante(frz.) postlagernd. da ist!
Wenn ja so schick es mir unter Couvert! ‒
Besten Dank im Voraus! Was macht mein rother CardinalBerthe Marie Denk bezieht sich auf Raffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, das Wedekind ihr kopieren zu lassen versprochen hat – sie hatte schon einmal nachgefragt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905].? Ich
fahre jetzt bald aufs Land, aber nur in die Nähe Wiens: | Vöslau oder Baden!
Adresse daher nach wie vor KettenbrückengasseBerthe Marie Denk wohnte in Wien V, Kettenbrückengasse 21, 1. Stock [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 1.5.1905].!
Und noch eins: telegraphiere mir nicht! Die Telegramme kommen meistens im
ungelegensten Moment! ‒
Sonst bin ich gesund u. hoffe das gleiche von Dir?
Mit wem hast Du mich denn betrogen?
Weisst Du, das passt mir eigentlich gar | nicht! Wenn ich so etwas thue, dann
ist das doch etwas ganz anderes! ‒
Also ich bitte um mehr Treue!
Schreibe bald wieder
Deiner
Braut!
B ‒
Hast Du schon die Bekanntschaft von Kaulbachunklar, wer gemeint ist – der für seine Porträts berühmte Kunstmaler Friedrich August von Kaulbach, Direktor der Akademie der bildenden Künste, oder der als Historienmaler angesehene Kunstmaler Hermann Kaulbach, Titularprofessor und Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste, die beide in München in der Kaulbachstraße wohnten und dort auch ihre Ateliers hatten [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil I, S. 250]. Wedekind notiere am 12.2.1910 in München eine Begegnung mit dem zuerst genannten Maler: „Herr v. Kaulbach“ [Tb]. gemacht?