München, 27.X.1909.
Lieber Freund!
Ich danke Dir für den wunderschönen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Arthur Holitscher an Wedekind, 26.10.1909. Arthur Holitscher, der mit einer Briefadresse in Budapest (Lazargasse 5) verzeichnet ist [vgl. Kürschners Deutscher Literartur-Kalender auf das Jahr 1910, Teil II, Sp. 708], lebte eigentlich in Berlin; er schrieb den verschollenen Brief zwar in Budapest, war dann aber wieder in Berlin, wie aus seinem Brief an den Neuen Verein vom 26.10.1909 hervorgeht: „z.Zt. Budapest. [...] Ihre freundlichen Zeilen beantworte ich noch in Budapest, bitte Sie aber, da ich in den nächsten Tagen nach Berlin zurückreise, mir gegebenen Falles dorthin schreiben zu wollen.“ [Mü, NV B 64] Er dürfte Wedekind ebenfalls über seine Rückreise nach Berlin informiert haben, der daraufhin den vorliegenden Brief wohl nach Berlin adressierte.. Er erinnert mich
an die Posaunen von JerichoRedewendung nach einer biblischen Legende [vgl. Das Buch Josua 6, 1-27], nach der die Mauern des alttestamentarischen Jericho durch den Klang von Posaunen eingestürzt seien und die Stadt zerstört wurde; hier: lautstark.. Ich werde ihn jedem Menschen vorlesen, den ich in
den nächsten acht Tagen treffe. Das geht ausgezeichnet, da er kein verletzendes
Wort enthält und dafür umso mehr Temperament. Ich denke, die SacheArthur Holitscher bemühte sich, vermittelt über Wedekind, um eine Aufführung seines Dramas „Der Golem“ (1908) durch den Neuen Verein in München [vgl. Wedekind an Arthur Holitscher, 4.5.1909]. Er dürfte Wedekind in seinem nicht überlieferten Brief (siehe oben) darüber informiert haben, dass sein Stück angenommen worden sei. So schrieb Arthur Holitscher am 14.10.1909 an den Neuen Verein: „Ich brauche Ihnen wol nicht zu sagen, wie sehr ich von der günstigen Entscheidung des N.V. erfreut bin.“ [Mü, NV B 64] Die Finanzierung war allerdings noch nicht geklärt, wie aus seinem Brief an den Neuen Verein vom 26.10.1909 hervorgeht: „Wegen der 1500 M., die Sie als Deficit bei einer Aufführung des Golem voraussetzen, habe ich einiges zu bemerken. Ich selbst verfüge über diese Summe nicht, habe nur eben so viel, um Durchzukommen, aber gute Freunde [...] könnten mir eventuell helfen, diesen Betrag aufzubringen, um eine Aufführung zu ermöglichen.“ [Mü, NV B 64] Sein Drama „Der Golem“ wurde vom Neuen Verein nicht aufgeführt (die Uraufführung des Stücks fand erst am 22.2.1916 in Wien statt). wird schon
werden. Die Verhandlungen haben ja eben erst begonnen, und dabei handelte es
sich nicht um „Golem“ allein, sondern überhaupt um die Möglichkeit, ein TheaterVom Neuen Verein veranstaltete Aufführungen fanden auf verschiedenen Bühnen statt, so etwa im Münchner Schauspielhaus oder im Lustspielhaus, schließlich auch im von Wedekind genannten Künstlertheater: „Der Neue Verein leitet sein diesjähriges Programm durch zwei Aufführungen im Künstlertheater ein.“ [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 63, Nr. 481, 14.10.1910, Vorabendblatt, S. 2]
zu bekommen, um die Konstituirung der Neuen Vereinsbühne. Der nächste Weg ist
nun, daß der Neue VereinDer Neue Verein ist Ende 1903 in Nachfolge des Akademisch-Dramatischen Vereins in München gegründet worden und veranstaltete vor allem geschlossene Vorstellungen neuer Dramen. Vorsitzender war seinerzeit Dr. Wilhelm Rosenthal [vgl. Adreßbuch für München 1910, Teil III, S. 185]. im Residenztheater spielt. Dann käme das
Künstlertheater. Du siehst, eine Menge Möglichkeiten. Sobald etwas erreicht
ist, schreibe ich Dir.
Herzliche Grüße auch von Tilly, Dein
Frank.