München, den 16. August 1911.
Sehr geehrter Herr Mühsam!
Darf ich Sie zur Veröffentlichung folgender ErörterungenWedekinds Polemik gegen den Münchner Zensurbeirat, die unter einer gemeinsamen Überschrift dem offenen Brief folgt [vgl. Aus dem Münchner Zensurbeirat. In: Kain, Jg. 1, Nr. 6, September 1911, S. 90-95; vgl. KSA 5/II, S. 413-415]. Wedekind hatte sie bereits in einer ersten Fassung an Erich Mühsam geschickt [vgl. Wedekind an Erich Mühsam, 11.8.1911]. Dem vorliegenden Brief zufolge lag ihm als Beilage eine Fassung als Druckvorlage bei. Eine überarbeitete Fassung sandte Wedekind allerdings nochmals am 18.8.1911 an Erich Mühsam: „Sendung an Mühsam“ [Tb]. Erich Mühsam wiederum hielt am 19.8.1911 fest: „Nachher zur Druckerei, um Wedekinds Memorandum, das er mir jetzt in der endgültigen Form gesandt hat, abzuliefern.“ [Tb Mühsam] um
die Gastlichkeit Ihrer Monatsschrift „ Kain“
bitten. Voraussichtlich erscheint im Laufe dieses HerbstesWedekinds Schauspiel „Franziska. Ein modernes Mysterium in fünf Akten“ lag vordatiert auf 1912 im November 1911 [vgl. KSA 7/II, S. 994] in Broschur, gebunden und als Luxusausgabe im Georg Müller Verlag in München gedruckt vor [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 78, Nr. 275, 27.11.1911, S. 14819]. ein modernes
Myste|riumvon mir, dem ich diese Polemik als Vorwort„Franziska“ erschien ohne die Polemik gegen den Münchner Zensurbeirat. Allerdings hatte Wedekind bei seinem Besuch bei Erich Mühsam am 15.8.1911 noch vorgehabt, sie als Vorwort zu verwenden, wie dieser am 16.8.1911 notierte: „Wir besprachen dann in meinem Zimmer sein Memorandum, das, wie er erzählte, später als Vorwort zu seinem nächsten Buch Verwendung finden soll. Es ist aber hübsch von ihm, daß er es mir zur Veröffentlichung überläßt.“ [Tb Mühsam] vorauszuschicken
denke. Sie würden mich aber, sehr geehrter Herr Mühsam,
zu besonderem Dank verbinden, wenn Sie diese Zeilen durch Wiedergabe im „ Kain“
jetzt schon zur Kenntnis Ihrer Leser gelangen lassen wollten.
Mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochschätzung
Ihr ergebener
Frank Wedekind.