Sehr verehrter Herr Stollberg,
mit gleicher Post erlaube ich mir, Ihnen Musik zu
übersendenHinweis auf nicht überlieferte Begleitzeilen zur Buchsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Georg Stollberg. Berlin, 6.1.1908. Wedekind sandte Georg Stollberg die Erstausgabe von „Musik. Sittengemälde in vier Bilder“ (1908), die im Albert Langen Verlag in München vordatiert auf 1908 „bereits im Herbst1907“ [KSA 6, S. 724] erschienen ist.. Ich bin aber nach wie vor dafür, daß das Stück in diesem WinterWedekind reiste am 9.1.1908 von Berlin ab nach Nürnberg [vgl. Tb], wo am Intimen Theater am 11.1.1908 „Musik“ uraufgeführt wurde (Regie: Emil Meßthaler) – „mit sensationellem Erfolg“ [KSA 6, S. 793]. Am Münchner Schauspielhaus hatte „Musik“ erst am 26.9.1908 Premiere (Regie: Georg Stollberg). in
München nicht gegeben würde. Die GründeDas dramatische Sittengemälde „Musik“, ein Stück über Folgen des Abtreibungsparagraphen 218, gilt als Schlüsselstück, das einen Fall aus Wedekinds Münchner Freundeskreis aufgreift; reale Personen waren Vorbilder für Figuren des Stücks – der seit 1891 mit Lotte Dreßler (geb. Kray) verheiratete Opernsänger und Gesangslehrer Anton Dreßler inspirierte den fiktiven Gesangspädagogen Josef Reißner [vgl. KSA 6, S. 746f.], Lotte Dreßler dessen fiktive Gattin Else Reißner [vgl. KSA 6, S. 743], die mit Anton Dreßler liierte Gertrude Rolffs die fiktive Musikschülerin Klara Hünerwadel [vgl. Martin 2018, S. 69-71, 113f.]. Der Skandalfall wurde in der Presse totgeschwiegen. Die Affäre hatte aber nachweisbare Folgen für Anton Dreßler, dessen „Enthebung [...] von seiner Stellung als Gesangslehrer an der Akademie für Tonkunst“ [KSA 6, S. 746] in München am 1.10.1906 erfolgte. Fritz Strich kommentierte: „Das Drama behandelt eine Affäre Dresslers.“ [GB 2, S. 364] sind sehr ernst, da es denen die sich
betroffen fühlen könnten | augenblicklich offenbar schlechter geht als je
vorher. Der Orientierung wegen habe ich Vorschläge für eine spätere BesetzungBei der Münchner Premiere von „Musik“ am 26.9.1908 im Münchner Schauspielhaus spielten Colla Jessen (Josef Reißner), Alma Lind (Else Reißner), Fritzi Schaffer (Klara Hünerwadel), George Burghardt (Gefängnisdirektor), Luise Fischer (Gefängnisaufseherin), Julius Seger (Wachtmeister), Karl Peppler (Franz Lindekuh), Hedwig Remig (Hildegard), Max Eßlair (Dr. Schwarzkopf), Hildegard Osterloh (Frau Oberst) [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 451, 26.9.1908, General-Anzeiger, S. 2].
zu den PersonenverzeichnissenDas Exemplar von „Musik“ mit den handschriftlichen Vorschlägen zur Besetzung der Rollen ist nicht überliefert. notiert.
Nachträglich sende ich Ihnen sowohl wie Ihrer verehrten Frau
Gemahlin noch die besten Wünsche zum neuen Jahr. Meine Frau läßt sich Frau
Direktor Stollberg und Ihnen empfehlen.
Mit den besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.
6.1.8.